Die intensive Nutztierhaltung fordert heutzutage viel – häufig zu viel von den Tieren. So ist es beispielsweise gängige Praxis, dass die Tiere, sei es Rind, Schwein oder Huhn, an die jeweiligen Haltungssysteme angepasst werden – und nicht umgekehrt, wie man eigentlich vermuten sollte. Aber die Haltungsbedingungen und das Haltungsmanagement müssten eigentlich entsprechend den Bedürfnissen der Tiere ausgerichtet werden.
Diese Form der „Anpassung“ der Tiere (bspw. durch Kürzen von Schwänzen oder Schnäbeln, Abschleifen von Zähnen, Entfernen von Hörnern) an die entsprechenden Haltungssysteme werden als nicht-kurative Eingriffe beschrieben, bei denen bestimmte Körperteile gekürzt bzw. entfernt also kupiert werden – was verhindern soll, dass die Tiere sich gegenseitig oder auch dem Menschen ernsthafte Verletzungen zufügen. So werden beispielsweise Rinder enthornt, um Mensch und Tier vor möglichen Hornstößen zu schützen. Auch Hühnern und Puten werden die Schnäbel gekürzt, da regelmäßig Federpicken und Kannibalismus unter den Artgenossen auftritt. Bei Schweinen kürzt man als Präventivmaßnahme die Ringelschwänze, die in den intensiven Haltungssystemen oft von Artgenossen an- bzw. abgebissen werden.
Nach § 6 des Tierschutzgesetzes sind diese nicht-kurativen Eingriffe häufig nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig – doch werden sie heutzutage routinemäßig und flächendeckend durchgeführt!
Dass sie zur Regel geworden sind, stellt deutlich die tierschutzrelevanten Probleme der intensiven Nutztierhaltung dar: die Tiere leiden enorm unter den v.a. auf Hochleistung ausgelegten Haltungssystemen und die Anpassungsfähigkeit der Tiere ist überfordert. Zu hohe Stalldichten, Platzmangel, fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten und einseitige Hochleistungszuchten führen zu Leiden insbesondere wenn die Managementfähigkeiten der Landwirte nicht ausreichen. Natürliche Verhaltensweisen können nicht auf art- und tiergerechte Weise ausgelebt werden. Als Folge entstehen häufig Krankheiten, Stereotypien und andere Verhaltensstörungen, bei denen die Tiere sich eben auch gegenseitig verletzen.
Seit Jahren setzt sich die hessische Tierschutzbeauftragte für eine Verbesserung der Haltungsbedingungen von Nutztieren ein. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass endlich auch auf politischer Ebene die Problematik zur intensiven Nutztierhaltung bundesweit Beachtung findet. So auch in Hessen, wo am 09. März 2015 der „Runde Tisch Tierwohl – Nachhaltige Tierhaltung in Hessen“ von der hessischen Landesregierung ins Leben gerufen wurde.