Kuheuter mit Melkgeschirr

Haltungsbedingungen von Milchkühen

2022 wurden in Deutschland im Schnitt etwa 9,4 Kilogramm Rindfleisch pro Person verbraucht. Pro Person wurden im Schnitt 49 kg Milch und Milchprodukte konsumiert. Dafür wurden ca. 11 Millionen Rinder gehalten, davon ca. 3 Millionen Rinder geschlachtet.

  ährend Jungbullen mit im Schnitt 18 Monaten und Milchkühe mit im Schnitt 4,5 Jahren geschlachtet werden, können sie bis zu einem natürlichen Tod regelmäßig 15 – 20 Jahre alt werden.

Rinder grasen in langsamem Vorwärtsgehen und im „Weideschritt“ (die Vorderbeine stehen versetzt hintereinander, so dass das Tier mit dem Maul auch bodennahe Gräser erreichen kann). Bei Weidehaltung wird 8–12 Stunden pro Tag gegrast, während sich die Nahrungsaufnahme bei Stallhaltung auf 4–7 Stunden verkürzt.

Fortbewegung findet statt in Form von Gehen (auf der Weide 2–12 km täglich), Traben und Rennen. Kälber zeigen darüber hinaus ein ausgeprägtes Spielverhalten, überwiegend verbunden mit Laufaktivitäten. Auf harten, glatten oder rutschigen Böden kann das natürliche Bewegungsverhalten nicht entfaltet werden und wird die Bewegungsaktivität eingeschränkt. Dies ist bei einem Stall der Fall. Weidegang hatten in 2010 jedoch nur etwa 42 % der in Deutschland gehaltenen Milchkühe.

Erwachsene Rinder liegen ungefähr während der Hälfte des Tages, Jungtiere und vor allem Kälber noch deutlich länger. Rinder bevorzugen eine weichelastisch verformbare, wärmegedämmte und trittsichere Unterlage, in der sich beim Abliegen eine Mulde bildet. „Liegeflächen sollten weichelastisch, trocken, rutschfest und sauber sein. Ist der Boden zu hart, verringern sich Liegeperioden und -zeiten. Außerdem kommt es an den Vorderfußwurzelgelenken aber auch an den Seitenflächen der Sprunggelenke zur mechanischen Überbeanspruchung der Haut. Die Folge sind Hautentzündungen, Schleimbeutel- und Sehnenscheidenentzündungen, unter Umständen mit Gelenksbeteiligung.

Anbindehaltung - auch saisonal - ist tierschutzwidrig

Obwohl mittlerweile 72 % der deutschen Milchkühe in Laufställen gehalten werden, ist die Anbindehaltung, d.h. die – zumindest während der Vegetationsruhe – dauernde Anbindung der Kühe mit Ketten, Halsrahmen oder Gurten immer noch in vielen, hauptsächlich kleinen Betrieben verbreitet. Dabei sind die Liegeflächen häufig zu klein. Dies liegt auch daran, dass die Tiere inzwischen durch die Zucht viel größer sind, als in der Vergangenheit, die baulichen Gegebenheiten der Stallungen aber nicht im gleichen Verhältnis angepasst werden. Dann liegen die Tiere mit Euter und Sprunggelenken auf dem Rost bzw. der Kotkante. Euterentzündungen und Hautveränderungen sind die Folge. Im Stehen fußen die Hintergliedmaßen auf dem Rost oder der Kotkante. Dadurch wird die Klauensohle punktuell überbelastet und Klauendeformationen sowie Sohlengeschwüre und Klauenentzündungen. Ein erheblicher Teil der angebundenen Milchkühe bekommt ganzjährig keinen Auslauf. Auch eine saisonale Anbindehaltung schränkt die wesentlichen arteigenen Verhaltensweisen (insbesondere das Bewegungs-, Sozial- und Komfortverhalten) der Rinder erheblich ein.

Artgerechte Bewegung muss möglich sein

Bei Haltung im Liegeboxenlaufstall sind die Tiere  nicht angebunden. Der Stall ist in einen Liege-, einen Fress- und einen Melkbereich sowie in Verkehrs- bzw. Bewegungsflächen unterteilt.

Verhaltensweisen wie Fressen, Wiederkäuen und Ruhen werden gleichzeitig durchgeführt. Es kommt zu individuellen Freundschaften und zum Aufbau einer sozialen Hierarchie. Rinder sind Distanztiere und halten bei der Fortbewegung, beim Fressen und beim Liegen einen Abstand von 0,5–5 m ein. für ein Rind stellt es eine besondere Belastung dar, in eine unbekannte Herde zu kommen, Umgruppieren schafft Unruhe und Stress. Überbelegung des Stalls führt bei Rindern zu Leiden in Form von Stress und Verdrängungsverhalten.

Hochleistungszucht: Annähernd zwei Drittel der Kühe sind zum Zeitpunkt ihrer Schlachtung krank

Die wichtigsten Nutztierarten in Deutschland sind über viele Jahrzehnte auf einseitige Höchstleistungen gezüchtet worden. Beispielsweise lag die durchschnittliche jährliche Milchleistung einer Kuh im Jahr 1900 bei 2.165l, 1990 schon bei 4.170l und 2013 bei 7.352 l. Diese zum Teil extremen Leistungen belasten den Organismus der Tiere übermäßig und führen zu leistungsbedingten Gesundheitsstörungen. Die wichtigsten sind: bei Milchkühen Fruchtbarkeitsstörungen sowie Euter- und Klauenentzündungen.

Während einer Laktationsperiode ist mittlerweile unter Umständen mehr als die Hälfte der Kühe in einem Betrieb von einer oder mehreren der genannten Erkrankungen betroffen . Aus diesen Gründen ist die Remontierungsrate hoch, und etwa 35–40 % der Kühe scheiden deshalb jährlich aus dem Produktionsprozess aus.

Zum Zeitpunkt ihrer Schlachtung sind annähernd zwei Drittel der Kühe krank (vgl. ADR, Jahresbericht 2009, zu den Abgangsursachen 2009: 20,7 % Fruchtbarkeitsstörungen, 14,8 % Eutererkrankungen, 10,4 % Klauenerkrankungen, 3,3 % Stoffwechselstörungen und 6,9 % wegen sonstiger Krankheiten.

Dieser züchterische Trend ist nicht nur tierschutzwidrig, sondern auch unwirtschaftlich. Bei altersbedingtem Abgang läge die mittlere Nutzungsdauer einer Kuh bei 8–9 Jahren anstelle der üblich gewordenen 4,5 Jahre.

(Quelle: Hirt/Maisack/Moritz, Kommentar zum TierSchG, Anhang zu § 2 TierSchG, Rn. 1a ff.; § 11b TierSchG, Rn. 22 f.)

 

 

 

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