Zentraler Gedanke in dieser Richtlinie ist das so genannte 3R-Konzept (z.B. bfr - 3R-PrinzipÖffnet sich in einem neuen Fenster), das damit in allen europäischen Mitgliedstaaten eingeführt wurde. Die Richtlinie wurde im Jahr 2013 durch die Änderung und Neuschaffung nationaler Vorschriften in deutsches Recht umgesetzt. Dieses besteht aus dem übergeordneten Tierschutzgesetz (TierSchG) mit folgenden nachgeordneten Verordnungen:
Tierschutzversuchstierverordnung (TierSchVersV)
Versuchstiermeldeverordnung (VersTierMeldV)
Weiterhin gilt für die Verwaltungsbehörden zur Umsetzung dieser Vorschriften die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes. Diese stammt jedoch aus dem Jahr 2000 und wurde bis heute nicht an das neue Tierversuchsrecht angepasst, ein Versäumnis der letzten Bundesregierungen.
Es dürfen grundsätzlich nur solche Tiere eingesetzt werden, die speziell für Tierversuche gezüchtet wurden. Dies muss gegenüber der Behörde auch dargelegt werden. Der häufig geäußerte Verdacht, Tierversuche würden an eingefangenen Haustieren durchgeführt, ist nichtzutreffend.
Allerdings gibt es Ausnahmen, die von der Behörde genehmigt werden müssen. Wenn der Versuchszweck nur mittels nicht speziell dafür gezüchteter Tiere erreicht werden kann, ist der Einsatz solcher Tiere zulässig. Dies kann beispielsweise bei Besenderungsversuchen an Wildtieren der Fall sein. Oder aber es handelt sich um Tierarten wie z.B. bestimmte landwirtschaftliche „Nutz“tiere, die nicht speziell für Versuche gezüchtet werden, aber dennoch in Versuchen eingesetzt werden sollen.
Eine Besonderheit besteht bei Primaten, hiermit sind verschiedene Affenarten gemeint. Diese dürfen grundsätzlich nicht in Versuchen eingesetzt werden, wobei Menschenaffen ein besonders hohes Schutzniveau genießen. Allerdings sind auch hier in besonders begründeten Fällen Ausnahmen möglich. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zur Handhabung in anderen Ländern auch innerhalb der EU dar: Derartige Versuche sind in Neuseeland, den Niederlanden, Österreich und Schweden verboten
Die Durchführung von Tierversuchen ist ausschließlich solchen Personen vorbehalten, die über die dafür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen und diese auch gegenüber der Behörde nachgewiesen haben. Der Umfang dieser Kenntnisse ist in der Tierschutzversuchstierverordnung festgelegt. U.a. dürfen grundsätzlich nur bestimmte Berufsgruppen in Tierversuchen tätig werden, wie z.B. Veterinärmediziner, Humanmediziner und Biologen. Allerdings sind Ausnahmen möglich. Angehörige dieser Berufsgruppen müssen zudem zusätzliche tierversuchsspezifische Kenntnisse nachweisen.
Sie sind zudem dazu verpflichtet, regelmäßige Fortbildungen zu absolvieren, um immer auf dem aktuellen Stand zu sein.
Die wichtigste Voraussetzung ist die Genehmigung des Versuches durch die zuständige Behörde bzw. die dort erfolgte Anzeige des Versuches. Die Pflicht, Tierversuche genehmigen lassen zu müssen oder lediglich anzuzeigen, ist im Tierschutzgesetz verankert.
Tierversuche ohne diese Voraussetzung sind illegal!
1. Grundsätzlich sind Tierversuche genehmigungspflichtig, d.h. es muss mit der Durchführung gewartet werden, bis die zuständige Behörde explizit ihre Zustimmung zu dem Vorhaben gegeben hat. In bestimmten Fällen ist es allerdings ausreichend, ein Vorhaben lediglich bei der Behörde anzuzeigen. Das bedeutet, dass mit dem Versuch begonnen werden kann, wenn die Behörde dies nicht innerhalb einer festgelegten Frist untersagt. Es ist genau festgelegt, auf welche Versuche diese erleichterte Regelung anzuwenden ist.
Die Genehmigung eines beantragten oder Bestätigung eines angezeigten Tierversuches durch die Behörde haben zu erfolgen, wenn bestimmte rechtliche Bedingungen vorliegen.
2. Neben der Unerlässlichkeit muss auch die ethische Vertretbarkeit festgestellt worden sein.
3. Außerdem dürfen Tierversuche nur bestimmte Zwecke haben, die im Tierschutzgesetz abschließend aufgezählt sind. Versuche zur Entwicklung oder Erprobung von Waffen, Munition und dazugehörigem Gerät sind verboten, Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika sind grundsätzlich verboten. D.h., hier sind Ausnahmen möglich.
4. Natürlich müssen auch die für die Durchführung notwendigen Gegebenheiten vorhanden sein. Hierzu zählt eine Tierhaltungseinrichtung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sowie Labors und jegliche technische und sonstige Ausstattung, die für den jeweiligen Versuch benötigt wird. Und natürlich müssen ausreichend qualifizierte Personen zur Verfügung stehen.
Spätestens drei Monate nach der Genehmigung eines Tierversuches muss die Behörde dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die so genannte nicht-technische Projektzusammenfassung (NTP), die der Antragsteller erstellt hat, übermitteln. Diese wird dann unverzüglich in der öffentlich zugänglichen Datenbank AnimalTestinfo veröffentlicht (AnimalTestinfoÖffnet sich in einem neuen Fenster).
Es fehlt allerdings an rechtlichen Vorgaben, was mit diesen Projektzusammenfassungen geschehen soll. Insbesondere ist keine Evaluierung durch das BfR oder die einzelnen Behörden vorgesehen.
5. Ebenfalls zwingend ist bei der Durchführung von Tierversuchen deren Dokumentation. Alle Eingriffe und Behandlungen müssen detailliert festgehalten werden. Die zuständige Behörde kann die Aufzeichnungen jederzeit einsehen.
6. Auch muss im Rahmen der jährlichen Versuchstiermeldung Rechenschaft abgelegt werden u.a. darüber, wieviele Tiere welcher Spezies wofür verwendet wurden, woher diese stammten und welchen Belastungen diese ausgesetzt waren. Diese Daten werden jährlich sehr detailliert aufgeschlüsselt vom BMEL veröffentlicht (BMEL - Tiere - TierschutzÖffnet sich in einem neuen Fenster)
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat den gesetzlichen Auftrag, jährlich die von den Versuchstiereinrichtungen erhobenen Daten von den Bundesländern abzufragen, zusammenzustellen und an die Europäische Kommission zu übermitteln.
Auch im Jahr 2022 sind die Zahlen der verwendeten Versuchstiere im Vergleich zu den Vorjahren weiter gesunken.
Detaillierte Erläuterung der erhobenen Daten finden Sie unter folgendem Link:
Im Jahr 2013 wurde das Tierversuchsrecht in Deutschland grundlegend geändert, basierend auf der EU-Richtlinie Nr. 2010/63. Diese Änderung war mehr als überfällig, da die bisherigen Regelungen noch auf der EU-Richtlinie 1986/609 basierten.
Hierfür erfolgte eine Änderung der bereits bestehenden Regelungen im Tierschutzgesetz und die Tierschutzversuchstierverordnung wurde neu geschaffen.
Leider erfolgte die Umsetzung der neuen Richtlinie verspätet und für Gesetz und Verordnung zeitversetzt. Vor allem aber enthielten die neuen nationalen Vorschriften Regelungen, die ungenügend waren und die Vorgaben der EU nicht umsetzten.
Trotz anhaltender Kritik wurden von Regierungsseite keine Schritte unternommen, um hier nachzubessern. Letztlich hat erst die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU dazu geführt, dass die nationalen Vorschriften überarbeitet wurden.
Dies mündete in der Änderung des Tierschutzgesetzes und der Tierschutzversuchstierverordnung. Allerdings erscheinen vielen Fachleuten auch diese Änderungen nicht ausreichend.
Ein Update wird derzeit erarbeitet und wird dann hier eingestellt.