Frau Grandin folgte damit einer Einladung von Frau Birgit Hofmann aus dem Umweltministerium und Frau Marion Hof, die sie im letzten Jahr bei einem Besuch in den USA kennen gelernt hatten. Im Rahmen ihres Deutschlandaufenthaltes machten Dr. Grandin und ihr Geschäftspartner Mark Deesing Station in Wiesbaden. Neben einem Vortrag stand Frau Dr. Grandin dem Publikum auch Rede und Antwort zum Thema Tierwohl in Schlachthöfen. Kernpunkte ihrer Rede waren die Darstellung von Erkenntnissen und Empfehlungen, die sie im Rahmen ihrer weltweiten Bereisung in Schlachthöfen sammeln konnte.
So hob sie ausdrücklich hervor, dass es für eine möglichst stressfreie Schlachtung von herausragender Bedeutung ist, wie mit den Tieren sowohl am Schlachthof aber auch bei der Aufzucht und Mast umgegangen wird.
Nur Tiere, die den stressfreien Umgang mit Menschen gewohnt sind, können tierschutzgerecht transportiert getötet werden. Man sehe sehr deutlich am Verhalten der Tiere schon beim Entladen an den Schlachthöfen, ob bzw. wie mit ihnen im Vorfeld auf den Betrieben umgegangen wurde. Dabei ist es notwendig, Zeit in die Beobachtung der Tiere zu investieren.
Diese helfe häufig auch dabei, mögliche Probleme außerhalb des Stalles zu erkennen. Beispielsweise dürfe es nicht sein, dass Tiere in Transportern nicht in der Lage sind, ihre natürliche Haltung einzunehmen. Es ist ihrer Ansicht nach nicht zu tolerieren, wenn bspw. Rinder nur mit gesenktem Kopf in Transportfahrzeugen stehen können, oder gar mit der Rückenlinie am Dach der LKW anstoßen.
Eine weitere Kernforderung seitens Frau Dr. Grandin ist die klare Abkehr von einer Bezahlung am Schlachthof nach Stückzahl. Dies impliziere geradezu einen tierschutzrelevanten Umgang mit den Tieren. In der heutigen Zeit müsse es den Schlachtunternehmen möglich sein, Ihre Mitarbeiter angemessen pauschal zu entlohnen und nicht nach der Anzahl der Tiere pro Zeiteinheit.
Schließlich gab sie eine Menge Anregungen und Empfehlungen technischer Art, wie Schlachthöfe auch mit geringem finanziellen Einsatz die Situation für die Tiere auf ihrem letzten Weg deutlich verbessern können.
Hintergrund Dr. Temple Grandin
- Professorin für Nutztierwissenschaften an der Colorado State University (Fort Collins, USA)
- weltweit führende Wissenschaftlerin in der Konzeption und Planung von tierschutzgerechten Anlagen für die (kommerzielle) Nutztierhaltung und -schlachtung
- Entwicklung eines Animal Welfare Scoring Systems
- Autistin mit der besonderen Begabung 'In Bildern zu denken'
- Über 400 Fachartikel und Autorin von mehr als zehn Büchern
- Wird von vielen Tierschutzorganisationen als „Stimme der Vernunft“ (voice of reason) bezeichnet.
- 2010 hat das Time Magazine sie als eine der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt benannt.
- Colorado State University, Nutztierforschung, im Speziellen: Stressreduzierung, Reduzierung von Verlusten in Schlachthöfen, effektive Betäubungsmethoden für Rinder und Schweine in Schlachthöfen, Bereicherung der Lebensumwelt von Schweinen, Entwicklung von Trainingsmethoden (für Tierhalter und Schlachthof-personal)
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