Urteil: Details

Öffentliches Recht

Tierhaltungen

Hund

VGH BaWü

04.09.2024

6 S 464/24

Sachverhalt

Der Antragsteller wandte sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen tierschutzrechtliche Maßnahmen des Landratsamts Rems-Murr-Kreis. Diese umfassten ein Hundehaltungs- und Betreuungsverbot, die Verpflichtung zur vollständigen Aufgabe der Hundehaltung sowie die Wegnahme und spätere Einziehung seiner beiden Hunde Hades und Pascha. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte den Eilantrag abgelehnt. Hiergegen legte der Antragsteller Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein.

Beurteilung

Der Verwaltungsgerichtshof gab der Beschwerde teilweise statt. In Bezug auf die Einziehung der Hunde stellte das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 2 VwGO wieder her. Die Behörde wurde verpflichtet, die beiden Hunde vorläufig an eine vom Antragsteller zu benennende, geeignete dritte Person herauszugeben. Im Übrigen, insbesondere hinsichtlich des Haltungs- und Betreuungsverbots sowie der Verpflichtung zur vollständigen Aufgabe der Hundehaltung, blieb die Beschwerde ohne Erfolg.

Die rechtliche Grundlage für das Hundehaltungsverbot bildet § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Tierschutzgesetz. Danach kann die zuständige Behörde das Halten und Betreuen von Tieren untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der betroffenen Person die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Der Verwaltungsgerichtshof stellte fest, dass der Antragsteller wiederholt und trotz mehrfacher behördlicher Hinweise gegen die Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetz verstoßen hatte. Wenn grundlegende Bedürfnisse eines Hundes sowie die in der Tierschutz-Hundeverordnung festgelegten Mindestanforderungen an die Haltung über einen längeren Zeitraum hinweg offensichtlich missachtet werden, kann – sofern keine gegenteiligen Hinweise vorliegen – von einem erheblichen Leiden des Tieres im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG ausgegangen werden. In einem solchen Fall ist keine zusätzliche fachliche Einschätzung durch einen amtlichen Tierarzt erforderlich. Die Hunde wurden bei winterlichen Temperaturen ohne ausreichenden Schutz und unter unhygienischen Bedingungen gehalten. Eine nachhaltige Verbesserung der Zustände konnte nicht festgestellt werden. Die Behörde durfte daher davon ausgehen, dass dem Antragsteller die für eine artgerechte Haltung notwendige Eignung fehlt.

Bezüglich der Einziehung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Tierschutzgesetz stellte der Verwaltungsgerichtshof jedoch fest, dass der Antragsteller vor Erlass der Einziehungsverfügung nicht ordnungsgemäß nach § 28 Abs. 1 VwVfG angehört wurde. Im Fall einer sofort vollziehbaren, tierschutzrechtlich begründeten Einziehung von Tieren kann die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die nach § 28 Abs. 1 LVwVfG erforderliche Anhörung bislang unterblieben sei, aber voraussichtlich im Widerspruchs- oder Hauptsacheverfahren nachgeholt und der Verfahrensmangel dadurch gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG geheilt werde. Eine unterlassene Anhörung stellt einen wesentlichen formellen Mangel dar, der der sofortigen Vollziehung der Maßnahme entgegensteht. Dieser Verfahrensfehler führte somit zur formellen Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Außerdem war nicht erkennbar, dass der Antragsteller sein Eigentum an den Hunden bereits durch einen wirksamen Rechtsakt auf einen Dritten übertragen hatte. Die Einziehung stellt daher einen Eingriff in sein Eigentumsrecht dar, der ohne rechtmäßige Anhörung nicht vollzogen werden darf.

Eine Rückgabe der Hunde an den Antragsteller selbst kam allerdings nicht in Betracht, da das weiterhin geltende Haltungsverbot rechtmäßig und sofort vollziehbar ist. Die Herausgabe wurde daher nur an eine geeignete dritte Person zugelassen.

Entscheidung

Zusammenfassend hatte der Antragsteller mit seinem Begehren nur insoweit Erfolg, als die Einziehungsverfügung wegen formeller Mängel vorläufig ausgesetzt wurde. Das Haltungsverbot sowie die Verpflichtung zur vollständigen Aufgabe der Hundehaltung blieben hingegen bestehen.