Urteil: Details

Öffentliches Recht

Tierhaltungen

Rinder

VG Münster

20.12.2019

11 L 843/19

Sachverhalt

Die Behörde ordnete am 6. August 2019 an, dass abgesägte Metallrohre im Bullenstall entfernt werden müssen, um Verletzungsgefahren für die Rinder zu verhindern, gestützt auf die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Kontrollen im Juni und Juli 2019 bestätigten die Gefährdung durch die Rohre. Der Antragsteller räumte die Rohre ein, bestritt aber deren Gefahr und legte keinen Nachweis vor, dass die Gefahr beseitigt sei.
Wegen der Gesundheitsgefährdung der Tiere wurde die sofortige Vollziehung der Anordnung für notwendig erachtet. Zwangsgeldandrohungen zur Durchsetzung der Maßnahme wurden als rechtmäßig anerkannt. Ein weiterer Antrag gegen eine Gebührenfestsetzung wurde als unzulässig abgelehnt, da formale Voraussetzungen nicht erfüllt waren und keine Rechtswidrigkeit ersichtlich war.

Beurteilung

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (11 K 2151/19) gegen die Ziffern 1 bis 5 sowie die Ziffer 7 und die Zwangsgeldandrohungen der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 6. August 2019 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, blieb ohne Erfolg. Der Antrag ist teilweise unzulässig und insgesamt unbegründet.
Das Gericht stellte fest, dass der Antrag zulässig ist, soweit er auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 bis 5 sowie gegen die Zwangsgeldandrohungen gerichtet ist. In der Sache ist der Antrag jedoch unbegründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 bis 5 des Bescheids ist formell nicht zu beanstanden, da die Begründung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht. Die Behörde hat konkret dargelegt, dass bei Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache die Gefahr bestehe, dass der Rechtsverstoß gegen das Tierschutzgesetz (§ 2 TierSchG) weiter andauere und die Tiere dadurch Schmerzen oder Leiden erlitten könnten. Damit wurde dem Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung Rechnung getragen.
Materiell ist die Anordnung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO ebenfalls gerechtfertigt. Die summarische Prüfung ergab, dass die angeordneten Maßnahmen offensichtlich rechtmäßig sind und ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht.
Insbesondere ist die Anordnung in Ziffer 1, wonach die auf der Tenne in Anbindehaltung gehaltenen Rinder im Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September täglich mindestens zwei Stunden Auslauf auf Weide oder vergleichbare Flächen gewährt bekommen müssen, mit § 2 Nr. 1 TierSchG vereinbar. Diese Vorschrift verlangt eine artgerechte Haltung, bei der dem Tier Bewegungsmöglichkeiten eingeräumt werden, um Schmerzen und vermeidbare Leiden zu vermeiden. Die Anbindehaltung schränkt die natürlichen Verhaltensweisen stark ein und kann zu Krankheiten führen, weshalb die Anordnung zur Bewegungsfreiheit gerechtfertigt ist. Die vom Antragsteller vorgebrachten Risiken durch Infektionskrankheiten oder Wolfsangriffe sind nicht substantiiert und daher unbeachtlich.
Ziffer 2 der Verfügung fordert, dass die planbefestigten Stand- und Liegeflächen eine Mindestlänge von 1,65 m aufweisen müssen, um Verletzungen und Gesundheitsgefährdungen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV zu vermeiden. Die Kontrollen belegten, dass diese Mindestlänge nicht eingehalten wurde, weshalb die Anordnung rechtmäßig ist.
Ziffer 3 verlangt eine ausreichende Einstreuung der mit Gummimatten versehenen Liegeflächen, was zur artgerechten Unterbringung der Tiere beiträgt (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Die genaue Art des Einstreumaterials wurde nicht vorgegeben, weshalb Einwände des Antragstellers hier nicht greifen.
Ziffer 4 regelt, dass die Spaltenweite des Betonspaltenbodens in bestimmten Stallbereichen maximal 3,5 cm (für Rinder ab 24 Monaten) bzw. 3,0 cm (für Jungrinder zwischen 7 und 24 Monaten) betragen darf, um Klauenerkrankungen vorzubeugen. Dies entspricht den Anforderungen der Tierschutzleitlinien und der Rechtsprechung. Die Kontrollen zeigten Überschreitungen dieser Grenzwerte, weshalb die Anordnung gerechtfertigt ist.
Die Anordnung in Ziffer 5 der Ordnungsverfügung vom 6. August 2019, die das Entfernen abgesägter Metallrohre im Bullenstall vorschreibt, ist rechtmäßig. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV müssen Haltungseinrichtungen so gestaltet sein, dass Verletzungen der Tiere möglichst ausgeschlossen sind. Die Kontrolle am 19. Juni 2019 hatte festgestellt, dass abgesägte Metallrohre eine Verletzungsgefahr darstellen. Der Antragsteller räumt zwar das Vorhandensein der Rohre ein, bestreitet aber ohne nähere Begründung die Verletzungsgefahr. Ein Nachweis, dass die Rohre gefahrlos entfernt wurden, liegt nicht vor. Aufgrund der Gesundheitsgefährdung der Tiere besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Maßnahme, weshalb es unzumutbar ist, ein Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Der Antrag gegen die Zwangsgeldandrohungen ist ebenfalls unbegründet, da diese auf gesetzlichen Vorschriften beruhen und die Höhe der Geldbeträge angemessen ist.
Der Antrag gegen Ziffer 7 der Verfügung ist unzulässig, da die formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO nicht erfüllt wurden. Auch inhaltlich gibt es keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Gebührenfestsetzung.

Entscheidung

Die Klage wird abgelehnt. Die Anordnung der Tierschutzbehörde, Rindern in Anbindehaltung zwischen dem 1. Juni und 30. September täglich mindestens zwei Stunden Auslauf auf einer Weide, einem Paddock oder Ähnlichem zu gewähren, ist rechtmäßig. Dies basiert auf § 16a TierSchG, da in der Anbindehaltung viele Grundbedürfnisse der Tiere eingeschränkt sind, wichtige Verhaltensweisen nicht ausgeführt werden können und Bewegungsmangel zu Erkrankungen und Schmerzen führen kann.