Urteil: Details

Öffentliches Recht

Schlachtung

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OVG NRW

07.02.2022

15 A 1883/16

Sachverhalt

Der Kläger beantragte beim Beklagten Auskünfte über einen Schlachthof, gestützt auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG §§ 1, 2 Abs. 1) und das Landespressegesetz NRW (§ 4 Abs. 1, 2), u.a. zu Fehlbetäubungen, Kontrollberichten und Verwurfsstatistiken. Der Beklagte lehnte ab, da das VIG nur Informationen über Lebensmittel/Verbraucherprodukte erfasst und lebende Tiere bzw. tierschutzrechtliche Aspekte nicht darunterfallen. Ein Anspruch nach dem PresseG NRW scheiterte, weil der Kläger kein Pressevertreter sei, und auch nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW (§ 4 Abs. 1, § 6, § 8 IFG NRW) bestand kein Anspruch, da Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen waren.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage 2016 statt und erachtete die Produktionsbedingungen tierischer Lebensmittel als VIG-relevant. Die Berufung des Beklagten stützte sich auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 7 C 29.17; 10 C 11.19), wonach Auskünfte über lebende Tiere und tierschutzrechtliche Verstöße nicht VIG-relevant sind. Der Kläger erklärte den Rechtsstreit später für erledigt, da für das vierte Quartal 2013 keine Verstöße festgestellt wurden.

Beurteilung

Die Klage war nur teilweise zulässig. Sie konnte nicht berücksichtigt werden, soweit der Antrag über die ursprünglich beantragte Auskunft hinausging. Nach § 68 VwGO ist eine Verpflichtungsklage nur zulässig, wenn zuvor die Behörde um die Vornahme eines Verwaltungsakts gebeten wurde – dies war bei der angefragten „Verwurfsstatistik“ nicht der Fall. Die tierärztlichen Untersuchungen nach der Verordnung (EG) Nr. 854/2004 bzw. der späteren Verordnung (EU) 2017/625 erfassten nicht nur Tiere mit Frakturen oder Krankheiten, sondern auch den sogenannten veterinärärztlichen Verwurf, der über krankheits- und fleischbezogene Kriterien hinausgeht. Der ursprüngliche Antrag wollte jedoch nur den Prozentsatz geschädigter Tiere wissen, sodass das Klageziel hier zu weit ging.
Die Auskünfte zu tierschutzrelevanten Vorgängen, etwa zu Fehlbetäubungen, stützten sich nicht auf das Lebensmittelgesetz (§ 2 VIG), weil lebende Tiere nicht darunterfallen. Stattdessen bestand der Anspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW: Jede Person darf amtliche Informationen erhalten, und die Behörde muss Auskunft geben. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (§ 8 IFG NRW) standen dem nicht entgegen, weil die Informationen öffentliche Rechtsverstöße betreffen. Auch das Statistikgeheimnis (§ 16 Abs. 1 BStatG) galt nicht, da die Daten von der Behörde selbst erhoben wurden.
Die Auskunft über den Prozentsatz verletzter Tiere war zudem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG zulässig, weil es sich um Informationen über Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher handelt. Ein Anspruch nach dem PresseG NRW war für die Verpflichtungsklage nicht entscheidend. Der ablehnende Bescheid vom 21. Mai 2015 war rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), sodass die Behörde zur Auskunft verpflichtet war.

Entscheidung

Die Behörde war nach § 4 Abs. 1 IFG NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 7 VIG verpflichtet, Auskünfte über tierschutz- und verbraucherschutzrelevante Daten zu erteilen, während weitergehende Anträge über die ursprünglich beantragten Informationen hinaus (§ 68 VwGO) unzulässig waren.