Tierschutzrecht Urteil: Details Rechtsbereich Zivilrecht Fallkategorie Nutztiere Tier Schwein Gericht LG Oldenburg Datum 11.06.0005 Aktenzeichen 5 O 236/25 Sachverhalt Die Klägerin betreibt einen Schlachthof, in dem Schweine mit CO₂ betäubt werden, was nach der EU-Verordnung 1099/2009 erlaubt ist; sie wirft zwei Tierschützern vor, mehrmals heimlich in den Betrieb eingedrungen zu sein, dort verbotenerweise Kameras installiert und Videoaufnahmen gemacht zu haben, die später online veröffentlicht wurden und den Betrieb als tierquälerisch darstellen. Die Klägerin sagt, die Aufnahmen seien illegal beschafft, teils manipuliert und zeigten nicht die Realität, denn die CO₂-Betäubung verursache in ihrem Betrieb weder Schmerzen noch Leiden und verstoße nicht gegen Tierschutzrecht, insbesondere nicht gegen § 2 TierSchG, § 16a TierSchG und die Tierschutz-Schlachtverordnung; sie behauptet außerdem einen erheblichen Rufschaden. Die Beklagten verteidigen sich damit, dass die Aufnahmen echte Missstände zeigen würden, die Schweine unter Schmerzen leiden würden und dass das Verhalten der Mitarbeiter sowie die Betäubungsanlage gegen Tierschutzvorgaben verstoße, etwa gegen Anhang III Nr. 1.8 der VO (EG) 1099/2009 zum Umgang mit Tieren, gegen die Anlage 1 Nr. 7.7 und 7.8 der Tierschutz-Schlachtverordnung zur Beladung der Gondeln sowie gegen die Vorgaben zum stun-to-stick-Intervall in Anlage 2 zu § 12 Abs. 6 TierschlachtV und § 13 Abs. 2 TierschlachtV; sie berufen sich außerdem darauf, dass ein öffentlicher Informationsschutz bestehe und die Veröffentlichung durch Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt sei. Beurteilung Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Unterlassungsanträge sind hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), da sie konkret die angegriffenen Verletzungsformen – das Betreten des Betriebsgeländes und die Verbreitung bestimmter Videoaufnahmen – benennen. Auch das Feststellungsinteresse für Schadensersatzansprüche besteht, da die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist (z. B. mögliche Kündigungen von Lieferanten oder Abnehmern). Die Klägerin hat gegen beide Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung des Betretens ihres Betriebsgeländes (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB), da sie aufgrund ihres Hausrechts den Zugang frei bestimmen darf und die Beklagten das Gelände unbefugt betreten haben. Eine Wiederholungsgefahr besteht, da keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde und das Betreten nicht gerechtfertigt war (§ 34 StGB, § 228 BGB). Gegen die Beklagte zu 1. besteht zudem ein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der streitgegenständlichen Videoaufnahmen (§§ 823, 1004 BGB), da das Video den Schlachthof der Klägerin identifizierbar zeigt und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreift. Die Beklagte zu 1. handelte als Störerin, da sie die Aufnahmen selbst erstellt und veröffentlicht hat. Die Abwägung mit dem Recht auf Meinungsfreiheit (§ 5 Abs. 1 GG) führt zugunsten der Klägerin, weil die Aufnahmen durch vorsätzlichen Rechtsbruch erlangt wurden und keine überragende öffentliches Informationsinteresse die Rechtsverletzung rechtfertigt. Gegen den Beklagten zu 2. konnte keine Beteiligung an der Beschaffung oder Verbreitung der Videoaufnahmen festgestellt werden; daher besteht nur ein Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz für das eigenständig begangene Betreten des Betriebsgeländes. Schließlich steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. ein Anspruch auf Feststellung des Ersatzes sämtlicher Schäden aus den rechtswidrigen Handlungen zu, während der Beklagte zu 2. nur für die Schäden aus dem Hausfriedensbruch haftet (§§ 823, 840, 249 BGB). Entscheidung Die zulässige Klage ist teilweise begründet: Die Klägerin hat gegen beide Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen Betretens des Betriebsgeländes (§§ 858, 903, 1004 BGB), gegen die Beklagte zu 1. zudem einen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch wegen Verbreitung von Videoaufnahmen (§§ 823, 1004 BGB) sowie Anspruch auf Feststellung künftiger Schäden, während der Beklagte zu 2. nur für den Hausfriedensbruch haftet (§§ 823, 840, 249 BGB). Zurück zur Übersicht