Tierschutzrecht Urteil: Details Rechtsbereich Öffentliches Recht Fallkategorie Heimtiere Tier Katzen Gericht OVG Rheinland-Pfalz Datum 20.11.2018 Aktenzeichen 7 A 10624/18 Sachverhalt Die Tierärztin (Klägerin) behandelte in ihrer Klinik drei verletzte Katzen, die von Privatpersonen als Fundtiere gebracht wurden. Die Finder unterschrieben jeweils Formulare, in denen stand, dass sie für die Kosten nicht haften, und die Schreiben waren an das Tierheim A. gerichtet. Alle drei Katzen waren verletzt (u. a. durch Unfälle) und mussten sofort medizinisch versorgt werden, bevor sie später ins Tierheim kamen. Die Klägerin meldete die Fälle an die Verbandsgemeinde (Beklagte) und forderte insgesamt 2.036,12 € für die Behandlungen. Die Beklagte weigerte sich zu zahlen, weil sie meinte, es handle sich nicht um Fundtiere, sondern um herrenlose Tiere, und weil die Tiere nicht offiziell bei ihr abgeliefert worden seien. Das Verwaltungsgericht entschied jedoch zugunsten der Tierärztin: Sie habe ein „fremdes Geschäft“ im Sinne der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB analog, § 683 Satz 1 BGB analog) geführt, da die Versorgung verletzter Fundtiere eine Aufgabe der Fundbehörde (§ 967 BGB) sei. Aus tierschutzrechtlichen Gründen (§ 1 TierSchG) sei es unzumutbar gewesen, die verletzten Katzen erst zur Behörde zu bringen, bevor sie behandelt wurden. Daher habe die Klägerin im Interesse des Tierschutzes und der Behörde gehandelt, und die Beklagte müsse die Behandlungskosten erstatten. Die Beklagte bestritt dies und meinte, die Klägerin habe nur ihre eigenen beruflichen Pflichten als Tierärztin erfüllt (§ 1 Tierärzteordnung) und Behandlungsverträge mit den Findern geschlossen. Die Klägerin widersprach: Sie habe keine privaten Verträge geschlossen, sondern im öffentlichen Interesse gehandelt, um Leiden der Tiere zu verhindern (§ 1 TierSchG). Damit war die tierärztliche Versorgung der Fundtiere auch ohne formale Ablieferung bei der Behörde rechtmäßig und erforderlich im Sinne des Tierschutzrechts. Beurteilung Das Gericht gab der Berufung der Beklagten statt und entschied, dass die Tierärztin keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Behandlung der drei Katzen hat. Zwar gelten die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff., § 683 Satz 1 BGB) auch im öffentlichen Recht, aber die Klägerin hat kein Geschäft der Beklagten geführt, da diese nach dem Fundrecht (§§ 965 ff. BGB, § 90a BGB) nicht verpflichtet war, die Katzen zu verwahren. Zwar waren die Tiere keine herrenlosen Tiere, weil das Aussetzen von Haustieren nach § 3 Satz 1 Nr. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG) verboten und eine Eigentumsaufgabe („Dereliktion“) deshalb nichtig (§ 134 BGB) ist, aber die Klägerin hätte die Fundbehörde unverzüglich über die Tiere informieren müssen. Nach dem Fundrecht (§§ 966, 967 BGB) bleibt die Verwahrungspflicht zunächst beim Finder, der das Tier an die Fundbehörde abliefern darf; erst mit dieser Ablieferung geht die Pflicht auf die Behörde über. Eine Ausnahme gilt nur, wenn eine sofortige Behandlung wegen des Tierschutzes (Art. 20a GG, § 1 TierSchG) notwendig ist. Dann muss die Behörde zwar nicht sofort die Tiere übernehmen, aber sie muss schnellstmöglich informiert werden, damit sie über die weitere Verwahrung entscheiden kann. In diesem Fall war die Beklagte jedoch nicht rechtzeitig verständigt worden: Die Fundtieranzeigen wurden teilweise erst Wochen später eingereicht oder nicht nachweislich übermittelt. Daher lag keine rechtzeitige Unterrichtung nach § 965 Abs. 2 BGB vor, und die Klägerin hat ihre Behandlungen eigenverantwortlich durchgeführt. Die Versorgung der Tiere entsprach somit nicht einem Geschäft der Fundbehörde, sondern war Teil ihrer eigenen beruflichen Pflicht nach der Berufsordnung für Tierärzte (§ 12 BO 2016). Auch die spätere Behandlung einer Katze (Entfernung des Fixateurs) war kein tierschutzrechtlicher Notfall. Daher bestand kein Anspruch auf Aufwendungsersatz – die Klägerin handelte nicht im Interesse der Beklagten, sondern aus eigener Verpflichtung und Verantwortung für den Tierschutz. Entscheidung Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich; die Tierärztin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach §§ 677, 683, 670 BGB, da die Fundbehörde nach §§ 965 ff., 90a BGB nicht über die Fundtiere informiert wurde und die Behandlungen lediglich der Erfüllung eigener beruflicher Pflichten nach § 12 Abs. 1, 10 BO 2016 dienten. (wenn sinnvoll möglich: kurze Zusammenfassung der tierschutzrelevanten Kernaussagen und/oder Instanzenzug/Rechtskraft (falls aus der Entscheidung ersichtlich)) Zurück zur Übersicht