Urteil: Details

Öffentliches Recht

Tierschutz - Sonstiges

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EuGH

17.12.2020

C-336/19

Sachverhalt

CICB und Kosher Poultry haben beantragt, das mündliche Verfahren wieder zu eröffnen, weil Polen am 18. September 2020 ein Gesetz beschlossen habe, das die Ausfuhr von koscherem Fleisch verbietet. Sie argumentierten, dies verschärfe die Auswirkungen des belgischen Dekrets zur rituellen Schlachtung und sei eine neue Tatsache von entscheidender Bedeutung. Der Gerichtshof wies diesen Antrag zurück, da ähnliche Szenarien bereits im Verfahren berücksichtigt wurden. Die Vorlagefragen betreffen Art. 26 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1099/2009, die Mitgliedstaaten ermächtigt, strengere Vorschriften für den Tierschutz beim Schlachten zu erlassen, einschließlich der Betäubung, auch bei ritueller Schlachtung, sofern die Grundrechte der Religionsfreiheit gewahrt bleiben (Art. 10 Abs. 1 Charta) und das Inverkehrbringen von tierischen Produkten aus anderen Mitgliedstaaten nicht behindert wird (Art. 26 Abs. 4 Verordnung Nr. 1099/2009). Die Kläger machten geltend, dass die Pflicht zur umkehrbaren Betäubung bei ritueller Schlachtung mit religiösen Geboten unvereinbar sei. Die Verordnung Nr. 1099/2009 verfolgt das Ziel, das Tierwohl beim Schlachten zu schützen, und erlaubt Ausnahmen nur zur Wahrung der Religionsfreiheit. Andere Ausnahmen, wie bei Jagd, Fischerei oder kulturellen Veranstaltungen, fallen nicht unter diese Vorschriften.

Beurteilung

Der Gerichtshof stellte fest, dass nationale Regelungen, die eine umkehrbare Betäubung bei ritueller Schlachtung vorschreiben, zulässig sind, solange sie verhältnismäßig sind und die Religionsfreiheit gemäß Art. 10 Abs. 1 Charta respektieren. Das Wohl der Tiere (Art. 13 AEUV) stellt ein legitimes Ziel dar, und wissenschaftliche Gutachten zeigen, dass Betäubung das Leiden der Tiere am besten reduziert. Die vorgeschriebene Betäubung ist umkehrbar und führt nicht zum Tod, sodass sie die rituelle Schlachtung nicht verbietet, sondern nur den Tierschutz stärkt. Die Regelung ist verhältnismäßig, weil sie geeignet, erforderlich und angemessen ist, das Tierwohl zu schützen, ohne die Religionsausübung übermäßig einzuschränken. Unterschiede in der Behandlung von ritueller Schlachtung und anderen Tötungsmethoden, z. B. bei Jagd oder Sportveranstaltungen, verstoßen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, da diese Situationen nicht vergleichbar sind. Insgesamt stellte der Gerichtshof fest, dass Art. 26 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1099/2009 weder die Religionsfreiheit verletzt noch diskriminierend ist und dass nationale Maßnahmen, die Betäubung bei ritueller Schlachtung vorschreiben, zulässig und verhältnismäßig sind.

Entscheidung

Der EuGH entschied, dass Art. 26 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1099/2009 zulässig ist und Mitgliedstaaten erlaubt, bei ritueller Schlachtung eine umkehrbare Betäubung vorzuschreiben, da dies das Tierwohl gemäß Art. 13 AEUV schützt und die Religionsfreiheit nach Art. 10 Abs. 1 der Charta nicht unverhältnismäßig einschränkt.