Abgesehen davon, dass Kleinsäuger, Reptilien, Insekten, bodenbrütende Vögel und andere getötet oder verletzt werden und innerhalb kürzester Zeit ihr Lebensraum zerstört wird, sind vor allem auch Rehkitze betroffen, da sie hauptsächlich in den Monaten Mai/Juni geboren und von ihren Müttern im hohen Gras abgelegt werden.
Ihr gepunktetes Fell, kombiniert mit ihrem natürlichen Verhalten, sich ins Gras zu ducken und dem anfangs fehlenden Eigengeruch, macht die Kitze nahezu unsichtbar für Fressfeinde. Die Wiese ist sozusagen die perfekte Kinderstube für sie.
Dieser natürliche Drückinstinkt wird den Kitzen bei der Mahd allerdings zum Verhängnis, da sie auch bei herannahenden Maschinen im Gras liegen bleiben (vor allem in den ersten drei Lebenswochen) und so jährlich zu Tausenden den Mähwerken zum Opfer fallen zumal der erste Mähtermin direkt in die Hauptphase der Brut- und Setzzeit fällt.
Landwirtinnen und Landwirte in der Pflicht
Die Landwirte und Landwirtinnen unternehmen viele Anstrengungen, um zu verhindern, dass während einer Wiesenmahd Tiere zu Schaden kommen. Die folgende Handreichung enthält Tipps für eine wildtierschonende Mahd: Handreichung für Landwirtinnen und LandwirteÖffnet sich in einem neuen Fenster
Mähstrategie
- Mähen von innen nach außen oder beginnend entlang von Wegen/Straßen in Richtung des Waldes, damit aufgescheuchte Tiere in sichere Umgebung flüchten können. In Bayern und anderen Bundesländern ist das Mähen von außen nach innen auf Flächen ab 1 ha sogar gesetzlich verboten!
- Angepasster Mähtermin, sofern es die Umstände zulassen (da der Großteil der Kitze im Mai/Juni zur Welt kommt, könnten z.B. durch einen ersten Schnitt im April und einen zweiten im Juli viele Kitze verschont werden).
- Verringerte Mähgeschwindigkeit
- Begrenzte Schnitthöhe (ca. 10-15 cm im Hinblick auf Bodenbrüter und Feldhasen)
- Mäh-Knigge der Bayerische Landesanstalt für LandwirtschaftÖffnet sich in einem neuen Fenster
Vergrämen
- Akustische und optische Vergrämungsgeräte
- Vergrämungsgeräte zur Montage am Mähwerk (wirksam erst bei Kitzen mit ausgebildetem Fluchtinstinkt ab ca. dritter Lebenswoche)
- Im Einsatz sind auch noch veraltete Techniken wie Flatterbänder oder Rascheltüten, deren Wirkung aber als unzureichend einzuschätzen ist.
Suchen und Bergen
- Absuchen der Flächen mithilfe von Drohnen mit Wärmebildkamera
- Absuchen der Flächen mithilfe von Personen.
- Absuchen der Flächen mithilfe sonstiger Geräte, z.B. tragbare Infrarot-Wildretter oder Handwärmebildkamera.
- Mähwerkgekoppelte Systeme auf Basis von Radar oder Infrarotsensoren.
Diese Liste ist nicht abschließend, sondern bietet einen Überblick über mögliche Einzelmaßnahmen, die nur in Kombination einen höchstmöglichen Wirkungsgrad erreichen. So ist eine Drohnensuche umso effizienter, wenn am Abend vorher zusätzlich Vergrämungsgeräte in der Fläche positioniert werden. Im Idealfall befinden sich dann am nächsten Morgen keine Kitze mehr in der Fläche und das aufwändige Heraustragen und Sichern entfällt.
Was passiert mit gefundenen Kitzen?
Gefundene Kitze werden vorübergehend in geeigneten Behältnissen, wie z.B. Obstkisten, gesichert und nach dem Mähen freigelassen. Kitze dürfen keinesfalls angefasst werden, damit sie den menschlichen Geruch nicht annehmen. Sie könnten sonst evtl. von Raubtieren gewittert werden. Dass die Ricke das Kitz durch den Fremdgeruch nicht mehr annimmt ist gängige Auffassung. Es gibt zwar auch gegenteilige Meinungen, sicherheitshalber sollte aber jeglicher Kontakt vermieden werden.
Modernste Technik im Einsatz
Aufgrund der hohen Erfolgsquote und des angemessenen Aufwand-Nutzen Verhältnisses wird vielerorts inzwischen bevorzugt das drohnenunterstützte Absuchen der Mähflächen – in sinnvoller Kombination mit den weiteren genannten Maßnahmen – praktiziert.
Hier finden sich unterschiedlichste Gruppen zusammen (sowohl Personen mit jagdlichem Hintergrund als auch private Tierschutzgruppen), die gemeinsam die Einsätze organisieren und durchführen.
Einige Landwirte und Landwirtinnen organisieren den Tierschutz bei der Mahd erfolgreich in Eigenregie, bzw. mit Unterstützung von Tierschutzinitiativen, und indem sie z.B. auch eigene Drohnen anschaffen, meistens liegt die Federführung aber bei den örtlichen Jagdpächtern und Jagdpächterinnen, bzw. Hegegemeinschaften, da die Geräte sehr teuer sind und deshalb oft gemeinschaftlich angeschafft werden. Bundesförderprogramm für Drohnen 2023Öffnet sich in einem neuen Fenster, BMEL stockt Drohnenförderung zur Rehkitzrettung aufÖffnet sich in einem neuen Fenster
Auch die Bedienung ist eher komplex und muss erst vermittelt werden. Zudem ist ein Kompetenznachweis erforderlich.
Es gibt verschiedene Internetportale mit Unterstützungsangeboten, z.B. https://rehkitzretter.net/Öffnet sich in einem neuen Fenster, https://kitzrettung-hilfe.de/kitzrettungs-organisationenÖffnet sich in einem neuen Fenster
Vergrämung perfektioniert
Andere Initiativen verzichten wiederum bewusst auf den Einsatz von Drohnen, setzen den Schwerpunkt auf Vergrämung, um jeglichen Kontakt zwischen Kitz und Mensch zu vermeiden. und haben den Einsatz der Vergrämungsgeräte entsprechend perfektioniert. So arbeiten die „Kitzretter e.V. im nordhessischen Waldeck-Frankenberg mit einer Kombination von Vergrämungsgeräten und bei Bedarf Nachkontrolle durch eine Handwärmebildkamera. Startseite - Kitzretter e.V. (diekitzretter.de)Öffnet sich in einem neuen Fenster
Voraussetzung für einen hohen Wirkungsgrad ist hier allerdings die intensive Kenntnis bzw. Auseinandersetzung mit den Flächen und dem jeweiligen Wildbestand. Eine Zusammenarbeit zwischen Landwirten/Landwirtinnen und Jagdausübungsberechtigten ist unerlässlich. So ist z.B. ein alter, bzw. erfahrener Rickenbestand eher nachteilig, da die Tiere ihre Scheu vor der Vergrämung evtl. bereits abgebaut haben.
Auch bei dieser Methode ist eine intensive Einweisung erforderlich, bei der insbesondere auch die Schallausbreitung im Gelände vermittelt werden muss, um die Vergrämungsgräte optimal verteilen zu können.
Fazit
Eine tierschutzgerechte Mahd durchzuführen, ist aufwändig und von den Landwirtinnen und Landwirten alleine oft nur schwer umsetzbar.
Viele erfolgreiche Beispiele zeigen aber, dass es möglich ist und durch immer weiter perfektionierte Technik, ausgereiftere Methoden und engagierte Unterstützerinnen und Unterstützer können jedes Jahr mehr Kitze gerettet werden.
Landwirtinnen und Landwirte, die Unterstützung suchen sollten sich an die jeweiligen Jagdpächter und Jagdpächterinnen wenden und/oder bei der Landwirtschaftsbehörde nach regionalen Initiativen fragen.
Übrigens: Auch private Gartenbesitzer und Gartenbesitzerinnen sollten die Möglichkeiten nutzen, das Rasenmähen tier- und umweltschonender zu gestalten!
Gefahr durch MähroboterÖffnet sich in einem neuen Fenster
Warum Sie Ihren Rasen im Mai mal nicht mähen sollten Öffnet sich in einem neuen Fenster