Urteil: Details

Öffentliches Recht

Heimtiere

Hund

VGH Bayern

09.11.2010

10 BV 06.3053

Sachverhalt

Die Kläger sind Halter eines Rottweilers. Für den Hund wurde eine gutachterliche Stellungnahme zur Frage der Wesenseigenschaft als „Kampfhund“ erstellt. Die Begutachtung ergab, dass eine absolute Rassereinheit zu verneinen sei. Der Gutachter stellte fest, dass der Hund in keiner Phase der Überprüfung unsicher, gereizt oder gar gesteigert aggressiv und gefährlich war. Die Haltung und Führung vom Hund könne als unbedenklich gelten. Die Beklagte ordnete trotzdem einen Leinenzwang an. Aufgrund der enormen Beißkraft eines Rottweilers, des kräftigen, rassetypischen Körperbaus und des Temperaments von Tieren dieser Rasse in Verbindung mit der Unberechenbarkeit der Reaktion dieser Tiere bei Fehlverhalten von Passanten, Kindern etc. stellen solche Hunde eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Zwar sei aufgrund des Negativzeugnisses nachgewiesen, dass „Flo“ nicht gesteigert aggressiv und gefährlich sei, jedoch sei die Wesensbeurteilung eines Hundes stets nur eine Momentaufnahme. Denn auch nach Widerlegung der Vermutung der Kampfhundeeigenschaft blieben die genetisch bedingten Risiken dieser Hunderasse in sicherheitsrechtlicher Hinsicht bestehen. Diese Vermutung liege auch deswegen nahe, da sich in Deutschland seit 1996 sechs tödliche Unfälle durch Rottweiler ereignet hätten und der Rottweiler von allen Hunderassen am häufigsten in Beißunfälle verwickelt sei.

Beurteilung

In der Regel besteht eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter, wenn, unabhängig von ihrer Rasse, große Hunde auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, durch eine hierzu nicht befähigte Person geführt werden oder nicht ausbruchsicher untergebracht werden. Angesichts der gravierenden Folgen, die aus einem Fehlverhalten von Mensch oder Tier entstehen könnten, reiche bereits die geringe Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leben oder Gesundheit aus, um eine konkrete Gefahr anzunehmen und damit Anordnungen zu rechtfertigen. Dennoch ist die Klagebegründet, weil die Beklagte in der gesetzlich vorgeschriebenen Ermessensabwägung der Verpflichtung, alle großen und kräftigen Hunde gleich zu behandeln, nicht ausreichend nachgekommen ist. Unabhängig von besonderen Vorkommnissen hat die Sicherheitsbehörde in ständiger Verwaltungspraxis Hundehalter mit einem Leinenzwang belegt, deren Hunde einer in der Kampfhundeverordnung gelisteten Rasse angehörten, während andere große Hunde, wie beispielsweise Schäferhund oder Dobermann, frei umherlaufen durften, außer sie waren bereits in einen Beißvorfall verwickelt oder sonst auffällig geworden. Diese Praxis verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg.