Urteil: Details

Strafrecht

Heimtiere

Hund, Katze

AG Korbach

20.10.2014

4 Ds - 1616 Js 31401/13

Sachverhalt

Der Angeklagte ist seit 48 Jahren Hundezüchter er erwirtschaftet aus der Hundezucht ein monatliches Einkommen von 900,- €.
Bei einer wiederholten Kontrolle durch das Veterinäramt stellte sich am 05. Juni 2013 die Situation wie folgt dar:
Das gesamte Grundstück war verdreckt und verwahrlost. Die Hundezwinger waren innen und außen mit alten Exkrementen verklebt. Angemessene und ausreichende Tiernahrung war nicht vorhanden. Abstehende Drahtenden in den Hundezwingern ließ eine Verletzungsgefahr der Tiere befürchten. In den verdreckten Futternäpfen der Hunde befand sich lediglich altes Brot. Auch die Wassernäpfe waren verschmiert, verdreckt und z.T. mit Grünalgen behaftet.
Ein Beaver-Yorkshire-Rüde (Hund 1) in einem Zwinger zeigte keinerlei Kontaktaufnahme- und Erkundungsverhalten gegenüber Menschen. Er vermied Blickkontakt, hatte die Ohren nach hinten angelegt und machte unterwürfige Beschwichtigungsgesten. Auf Zurufe reagierte er mit Flucht er war hochgradig ungepflegt, das Langhaar war verklebt und verfilzt, die Bindehäute der Augen gerötet, man sah eine verklebte Rinne im Augenwinkel.
Eine Labrador-Hündin (Hund 2) wich beim Betreten des Zwingers zurück, die Ohren weit zurückgelegt. Sie wedelte mit gesenkter Rute, ließ sich aber nicht anfassen. Sie kam erst in Richtung Mensch, als dieser sich selbst zurückzog. Eine normale Kontaktaufnahme zu der Hündin war nicht möglich.
Eine Yorkshire-Hündin (Hund 3) lag und drückte sich bei der Annäherung der Menschen starr auf den Boden der Schutzhütte im Zwinger. Sie verließ die Hütte auch nach Aufrufen nicht und auch nicht nach Öffnen der Zwingertür. Apathisch und starr blieb sie in der Hütte liegen und zeigte keinerlei positives Interesse am Erkunden der Umgebung oder der Menschen.
Zwei Yorkshire-Mixe (Hund 4 und 5) von vier in dem Zwinger zeigten keinerlei positive Kontaktaufnahme zum Menschen. Beim Nähertreten sprang einer der beiden panisch aus der Hütte, floh in ein Loch unter der Hütte und blieb dort apathisch an den Boden gepresst sitzen.
Ein Yorkshire-Terrier (Hund 6), der mit drei kleinen anderen Mixen in einem Zwinger war, drückte sich beim Betreten des Zwingers aus Angst vor den Menschen in den letzten Winkel seiner Hütte und blieb dort starr liegen. Er wirkte apathisch und reagierte nicht auf Ansprache der Amtsveterinäre und des Angeklagten.
Einer von zwei Scotch-Terrier Mixen (Hund 7) in einem Zwinger zeigte einen Pflegezustand, der von erheblicher Vernachlässigung zeugte. Sein langes Fell war mit Filzklumpen übersät. Er näherte sich den Menschen nur vorsichtig. Die Rute wedelte, war aber unsicher nach unten geneigt. Seine Ohren waren weit nach hinten angelegt. Bei Berührung warf er sich sofort starr auf den Boden. Der zweite Scotch-Terrier-Mix in dem Zwinger (Hund 8) blieb auf Distanz zum Menschen und stand wie auf Zehenspitzen, allzeit zur Flucht bereit. Es war unmöglich, ihn zu berühren, vorher floh er. Beide Scotch-Terrier-Mixe zeigten keinerlei positive Kontaktaufnahme oder Erkundungsverhalten gegenüber dem Menschen.
Ein roter Langhaarkater (Katze 1) war mit einem weiteren (ranghöheren) Kater und sechs Katzen in einem Außengehege von 14 m untergebracht. Er wirkte völlig apathisch und hatte keinerlei Interesse an seiner Umgebung. An seinen eingefallenen Augen klebten dunkle Krusten. Seine Bindehäute waren stark gerötet und er war hochgradig angespannt, aber völlig bewegungslos. Weiter war er lebensbedrohlich bis auf das Skelett abgemagert.
Eine dreifarbige Katze (Katze 2) hatte auffallend blasse Mund-, Schleim- und Bindehäute. Ihr Gesicht war eingefallen und wirkte dreieckig und spitz. Sie saß völlig apathisch mit aufgewölbtem Rücken auf einer Kiste. Ihr Haarkleid war stumpf und aufgeraut. Ihr Allgemeinbefinden war hochgradig gestört.
Eine weiße Langhaarkatze (Katze 3) hatte auffällig blasse, fast weiße Schleimhäute an Auge und Mund und unregelmäßige kurzhaarige Bereiche im Fell, was auf Parasiten hindeutete. Die Ohren waren mit einer braunen, schmierigen Masse gefüllt, was auf Ohrmilben hindeutete.
Eine kleine Mix-Hündin (Hund 9) mit drei Welpen war deutlich verwahrlost. Ihr Langhaar, insbesondere der Kopf, war ungepflegt, verfilzt und mit Tränenflüssigkeit verklebt.
Eine Yorkshire-Hündin (Hund 10) war nach ihrem äußeren Erscheinungsbild erheblich vernachlässigt. Ihr Fell war in Platten zu Klumpen verfilzt, die Haare im Gesicht verklebt.
Nachkontrollen des Veterinäramts vom 06.08.2013, 25.11.2013 und 04.02 2014 ergaben, dass eine Verbesserung der Tierhaltung nicht eingetreten war.
In der mündlichen Verhandlung am 20.10.2014 stellte der Angeklagte die äußeren Umstände der Tiere und des Grundstücks nicht in Abrede. Er ließ sich dahingehend ein, dass alles nicht so schlimm sei und die Zwinger täglich gereinigt würden, so auch am Tag der Kontrolle (05.06.2013) nach dieser Kontrolle, aber auch bereits am Tag davor. Der Angeklagte bestritt, dass seine Tiere an Verhaltensstörungen litten vielmehr hätten die Amtsveterinäre in ihren Arztkitteln diese erschreckt, daher hätten die Tiere das oben beschriebene Verhalten gezeigt.

Beurteilung

Das Gericht hat den Angeklagten wegen länger anhaltender Tierquälerei gem. § 17 Nr. 2 b) TierSchG in 11 Fällen (Hunde 1-8 und Katzen 1-3) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt
und wegen Tierquälerei als Tierhalter in zwei Fällen (Hunde 9 und 10) gem. §§ 1, 2, 18 I Nr. 1 TierSchG eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro verhängt
sowie dem Angeklagten für drei Jahre gem. § 20 I TierSchG untersagt, mit Tieren berufsmäßig umzugehen oder Tiere zu halten.
Den Hunden 1-8 und den Katzen 1-3 hat der Angeklagte dauerhaftes Leiden im Sinne von § 1 TierSchG zugefügt. Leiden sind alle nicht bereits vom Begriff des Schmerzes umfassten Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern. Als erhebliche Leiden sind auch Verhaltensstörungen einzustufen. Dazu gehören z.B. hochgradige Angstsymptome, der Ausfall von Erkundungsverhalten oder fehlendes arttypisches Bewegungsverhalten und Apathie. Anzeichen für Leiden und starke Verhaltensauffälligkeiten sind Angst- und Fluchtverhalten oder Apathie, welche in der Regel irreversibel sind und nur mit viel Sachkenntnis, Geduld und beständiger, intensiver Fürsorge abgeschwächt werden können.
Daher hat der Angeklagte den o.g. Tieren ein dauerhaftes Leiden zugefügt.
Hinsichtlich Katze 1 ist festzustellen, dass der Kater abmagerte, weil eine ausreichende artgerechte Ernährung unterblieb dies geschah über einen längeren Zeitraum, mindestens Wochen. Verhungern ist mit erheblichen Schmerzen und anhaltendem Leiden verbunden.
Zu Katze 2 und 3 ist festzustellen, dass der Angeklagte es unterließ, diese trotz offensichtlicher Erkrankung von einem Tierarzt behandeln zu lassen, wodurch diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anhaltenden, nicht unerheblichen Schmerzen und Leiden ausgesetzt waren.
Den Hunden 9 und 10 hat der Angeklagte vorsätzlich bei deren Haltung ohne vernünftigen Grund erhebliche Leiden zugefügt. Hier sind noch keine dauerhaften Leiden entstanden, da diese Tiere keine Verhaltensauffälligkeiten zeigten und da Verklebungen und Verfilzungen bei feinem Haar rasch auftreten können. Der Angeklagte hat aber die für Langhaartiere unerlässliche Pflege vernachlässigt, wodurch bei beiden Tieren zumindest erhebliches Leiden im Sinne eines beträchtlichen Unbehagens und Schäden zugefügt wurden.
Zu Lasten des Angeklagten ist einzustellen, dass dieser 11 und nicht nur ein Tier gequält hat und er immer noch völlig uneinsichtig ist.
Die Freiheitsstrafe war aber zur Bewährung auszusetzen, weil eine Prognose dahingehend besteht, dass der Täter in Zukunft straffrei leben wird.
Zwar besteht bei dem Angeklagten die Gefahr, dass er weiter nach § 17 TierSchG rechtswidrige Taten wie die hier festgestellten begehen wird.
Diese Gefahr ergibt sich daraus, dass er völlig uneinsichtig ist und sich auch durch die Kontrolle des Veterinäramtes nicht hat beeindrucken lassen, was auch die Nachkontrollen zeigten.
Da ihm aber gem. § 20 TierSchG für drei Jahre ein berufliches Umgangs- sowie ein Tierhaltungsverbot auferlegt wurde, besteht nun nicht mehr die Gefahr weiterer Straftaten, so dass daher die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden konnte.
Für die Bemessung der Geldbuße war zu Lasten des Angeklagten einzustellen, dass dieser völlig uneinsichtig war, was die Haltung seiner Tiere angeht. Er ist nach wie vor der Meinung, alles sei in Ordnung und er solle nur von den Amtsveterinären schikaniert werden.
Aufgrund des geringen Einkommens des Angeklagten war eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro zwingend erforderlich und ausreichend, das Ziel zu erreichen, dass er nach dem Ablauf des Tierhaltungsverbotes seinen Pflichten gegenüber seinen Tieren nachkommt.

Entscheidung

Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt es wurde eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro gegen ihn verhängt und ihm wurden ein dreijähriges berufliches Umgangsverbot sowie ein Tierhaltungsverbot auferlegt. Das berufsmäßige Umgangs- sowie das Tierhalteverbot wurde in der Berufungsinstanz (siehe LG Kassel, 1616 Js 131401/13 9 Ns) aufgehoben.