Urteil: Details

Öffentliches Recht

Hunde

Hund

VG Stade

19.10.2015

6 A 1882/14

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt eine Hundeschule und ist seit 2005 im Nebenerwerb als \"Problemhundetherapeutin\" tätig, wobei sie zeitweise mehrere Hunde pro Woche, zeitweise aber auch nur einen Hund pro Monat ausbildet.
Im Jahr 2005 hat die Klägerin in einer privaten Ausbildungsstätte Lehrgänge als Problemhundetherapeutin absolviert (Dauer 3 Monate) sowie als Gebrauchshundeausbilderin (1,5 Monate) und Problemhundeberaterin (3 Tage). Diese Ausbildungsstätte ist durch die DEKRA zertifiziert sowie als Bildungsträger nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) anerkannt.
Mitte 2014 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten eine Erlaubnis gem. § 11 I 1 Nr. 8 f) TierSchG für die gewerbsmäßige Ausbildung von Hunden.
Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 08.08.2014 mit, diese habe ihre Sachkunde noch nicht hinreichend belegt und bot ihr ein Fachgespräch unter der Aufsicht eines qualifizierten Amtsveterinärs an. Dieses würde auch als Sachkundenachweis anerkannt. Um die Organisation des Gesprächs müsse sich die Klägerin jedoch selbst kümmern, da beim Beklagten die dazu nötigen personellen Kapazitäten nicht vorhanden seien.
Nachdem die Klägerin dem Beklagten mitteilte, sie habe für sich kein Fachgespräch organisieren können, lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis nach § 11 I 1 Nr. 8 f) TierSchG ab und untersagte ihr die weitere Tätigkeit als selbständige Hundetrainerin, da die Klägerin ihre Sachkunde nicht hinreichend nachgewiesen habe. Insbesondere reiche die seit 2005 lediglich im Nebenerwerb ausgeführte Hundetrainertätigkeit nicht aus, um die erforderliche Sachkunde nachzuweisen, zumal zeitweise nur ein Hund pro Monat ausgebildet werde. Dies sei mit einer Tätigkeit im Haupterwerb, in der viel mehr Erfahrungen gesammelt werden könnten, nicht vergleichbar. Hinsichtlich der im Haupterwerb tätigen Hundetrainer würden nur solche als sachkundig gelten, die mindestens drei Jahre im Haupterwerb als Hundetrainer tätig waren.
Weiter würden nur solche Personen als sachkundig anerkannt, die eine Zertifizierung durch die niedersächsische oder schleswig-holsteinische Tierärztekammer erworben oder den Hundefachwirt/in-Lehrgang der IHK Potsdam absolviert hätten. Alle anderen so auch die Klägerin müssten entweder den D.O.Q.-Test pro absolvieren, den die Klägerin aber ablehne, oder aber ein Fachgespräch führen.
Gegen die Ablehnung der Erteilung der Erlaubnis und die Versagung der weiteren Tätigkeit hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über die begehrte Erlaubnis unter der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Beurteilung

Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte muss neu über den Antrag entscheiden. Denn die Ablehnung des Antrags ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Für eine beantragte Erlaubnis nach § 11 I 1 Nr. 8 f) TierSchG ist mangels bislang erlassener Rechtsverordnung gem. § 11 II TierSchG immer noch § 11 I 2, 3, II, IIa TierSchG a.F. bis 13.07.2013 anzuwenden. Danach darf die o.g. Erlaubnis nur erteilt werden, wenn die für die Tätigkeit verantwortliche Person auf Grund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat hierzu sind Nachweise über die Sachkunde beizufügen.
Der Beklagte geht mit Recht davon aus, dass die Klägerin ihre Sachkunde noch nicht ausreichend nachgewiesen hat.
Die Begriffe \"erforderliche fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten\" sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die gerichtlich voll überprüfbar sind. Auch voll gerichtlich überprüfbar ist, ob die erforderliche Sachkunde durch einen Antragsteller nachgewiesen ist.
Die Verwaltungspraxis des Beklagten, nur Ausbildungen bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (z.B. Tierärztekammer oder IHK) oder eine solche bei privaten Anbietern, die als gleichwertig anerkannt wurde, anzuerkennen, ist nicht zu beanstanden, so lange die Möglichkeit für private Anbieter besteht, ihre Ausbildung als gleichwertig anerkennen zu lassen.
Denn private Ausbildungen sind mangels Regulierung des Marktes der privaten Anbieter oft nicht gleich geeignet, den gesetzgeberisch gewollten Mindeststandard von Sachkunde zu vermitteln. Abschlüsse und Zertifikate öffentlicher oder als gleichwertig anerkannter (privater) Stellen haben daher einen höheren Aussage- und Stellenwert als solche privater Verbände, u.a., weil diese annähernd vergleichbar sind.
Die Klägerin hat ihre Ausbildung nicht bei einem öffentlichen oder einem als gleichwertig anerkannten privaten Anbieter absolviert. Zwar wird zur Zeit in einigen Bundesländern die Gleichwertigkeit dieses Anbieters, an dessen Lehrgängen die Klägerin teilnahm, geprüft. Eine Anerkennung als gleichwertig lag zum Entscheidungszeitpunkt jedoch noch nicht vor. In Nordrhein-Westfalen wurde die Anerkennung dieses Anbieters abgelehnt.
Auch eine Zertifizierung dieses Anbieters durch DEKRA und AZAV reichen nicht aus, um eine Gleichwertigkeit der Ausbildung zu begründen, denn diese Zertifizierungen beziehen sich lediglich auf pädagogische Gesichtspunkte der Ausbildung, nicht aber auf den Ausbildungsstandard in tierschutzrechtlicher Sicht.
Auch reicht die Hundetrainertätigkeit seit 2005 nicht aus, um die Sachkunde der Klägerin ausreichend zu belegen, da diese nur im Nebenerwerb ausgeübt wurde und die Klägerin nach eigenem Vortrag zeitweise nur einen Hund pro Monat betreut hat.
Nach all dem durfte der Beklagte ein Fachgespräch von der Klägerin fordern.
Dieses hätte jedoch der Beklagte selbst organisieren müssen und dies nicht auf die Klägerin abwälzen dürfen. Denn die Organisation und Durchführung des Fachgesprächs liegt im Pflichtenkreis der zuständigen Behörde. Soweit bei der Behörde die personellen Kapazitäten nicht verfügbar sind, steht es der Behörde frei, sich eines externen Sachverständigen zu bedienen.
Da der Beklagte die Klägerin zu Unrecht darauf verwiesen hat, das Fachgespräch selbst zu organisieren, ist die Ablehnung der Erteilung der Erlaubnis rechtswidrig.

Entscheidung

Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte muss unter Zugrundelegung der durch das Gericht gemachten Ausführungen neu über den Antrag entscheiden.