Der nicht vorbestrafte Angeklagte kommt aus einer Viehhändlerfamilie und wurde im Jahr 2011 mit Urteil vom Amtsgericht Gießen (5414 OWi 802 Js 2067/11) zu einer Geldbuße von 150 € verurteilt, weil er fahrlässig als verantwortlicher Transportunternehmer und Organisator nicht für die Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorschriften gesorgt haben soll. Aufgrund zwei weiterer Ordnungswidrigkeitenverfahren im Jahr 2009 wegen nicht ausreichender Sicherung der von ihm transportierten Tiere und im Jahr 2011 wegen Überladung eines Transportes mit Schweinen wurden jeweils Bußgelder gegen den Angeklagten verhängt die Bescheide sind beide rechtskräftig geworden.
Seit 1999 hat der Angeklagte ein Gewerbe mit dem Gegenstand \"An- und Verkauf von Nutz-, Zucht und Schlachtvieh\" auf sich angemeldet. Er beschäftigt drei Fahrer und gelegentlich Aushilfsfahrer. Er hat drei große LKW (40-Tonner) und einen kleinen LKW (12-Tonner), mit denen er Tiertransporte durchführt bzw. von seinen Fahrern durchführen lässt und ist für den An- und Verkauf der Tiere, für die Preisabsprachen mit den Bauern und für die Organisation und Überwachung der Transporte verantwortlich. Eine Erkrankung macht es ihm unmöglich, beim Verladen der Transporte mitzuhelfen. Er ist Mitglied des Verbandes X, der seine Mitglieder sechs Mal pro Jahr per Rundschreiben mit Informationen rechtlicher Art rund um den Tiertransport und die einzuhaltenden Vorschriften diesbezüglich informiert.
Im September 2010 erwarb der Angeklagte insgesamt 38 ausgewachsene, behornte Mutterkühe, die er in gesundem Zustand von zwei Firmen übergeben bekam. Diese fuhr er zunächst zu seiner Betriebsstätte ins Münsterland. Am nächsten Tag im September 2010, einem Sonntag, wurden diese Kühe von einem Zeugen unter Anweisung des Angeklagten auf einen Transporter (40-Tonner) verladen, um sie zum Schlachthof zu fahren.
Laut Fahrer und den Kontrollbüchern befanden sich auf der Zugmaschine (einstöckig) zehn Kühe und auf dem Anhänger (doppelstöckig) unten 13 und oben 12 Kühe.
Entgegen diesen Angaben befanden sich auf der oberen Etage der Zugmaschine drei weitere Kühe. Das Hubdach des Anhängers war auf 4,13 m angehoben worden, womit die zulässige straßenverkehrsrechtliche Maximalhöhe von 4,00 m überschritten war. Das Hubdach der Zugmaschine war nicht angehoben und die Lüftungsklappen geschlossen. Der Angeklagte wie auch der Zeuge bemerkten schon beim Verladen und noch während des Stillstandes des Transporters, dass die größten Tiere mit den Rücken an die Decke stießen und wusste somit, dass sie sich auch während der Fahrt Verletzungen zuziehen würden. Trotzdem wies der Angeklagte den Zeugen zur Verladung an. Der Angeklagte wusste auch, dass kaum vier Monate zuvor ein Bußgeldverfahren wegen eines vergleichbaren Verstoßes gegen ihn anhängig war.
Als zunächst nicht alle 38 Tiere verladen werden konnten wies der Angeklagte den Zeugen aus Profitsucht an, die drei verbleibenden Tiere in den für den Transport dieser Tiere völlig ungeeigneten oberen Ladeboden der Zugmaschine zu verbringen, obwohl im bewusst war, dass die Tiere dort nicht aufrecht stehen konnten, dies aber aus angeborener Neigung immer wieder während der Fahrt versuchen würden und sich hierbei massive Verletzungen zuziehen würden. Er wollte damit den Einsatz eines weiteren Fahrzeuges um jeden Peis vermeiden. Mit dem zuletzt mit 38 Tieren beladenen LKW hätte er höchstens 27 Tiere transportieren dürfen.
Wegen der Sicherung des Rohgewinnes i.H.v. 2.828,68 € war es dem Angeklagten egal, dass sich die Tiere durch diese illegale Überladung zwingend Leiden und Schmerzen zuziehen würden.
Zur Verheimlichung der Überladung trug der Angeklagte falsche Angaben in die Kontrollbücher ein. Weiter wies er den Fahrer an, das Hubdach der Zugmaschine nicht anzuheben. Dies hätte den drei Kühen auf der oberen Etage der Zugmaschine mehr Rückenfreiheit gebracht, wäre aber ein Hinweis auf die drei Kühe gewesen, die der Angeklagte verheimlichen wollte. Aus dem gleichen Grund wies er den Fahrer an, die dortigen Lüftungsklappen geschlossen zu halten. Hierdurch waren die drei Kühe bei der anstehenden Fahrt, die ca. 7 Stunden dauern sollte, von jeglicher Frischluftzufuhr abgeschnitten, was der Angeklagte aus Rohheit und Gewinnsucht in Kauf nahm.
Nach einer Fahrzeit von ca. vier Stunden wurde der Transport zu einer Routinekontrolle durch das Veterinäramt angehalten. Amtstierärzte stellten fest, dass mindestens zwei Tiere im Anhänger unten und eine Kuh im unteren Teil der Zugmaschine mit dem Rücken an die Decke stießen. Während der Kontrolle versuchte der Angeklagte massiv zu verhindern, dass die Tiere auf einer Notabladestelle abgeladen wurden, um die Überladung geheim zu halten. Der Fahrer teilte auf Weisung des Angeklagten u.a. wahrheitswidrig mit, der obere Teil der Zugmaschine sei leer, nachdem er dort nachgeschaut habe, als eine Amtstierärztin von dort Geräusche hörte.
Durch den Transport mit dem abgesenkten Boden hatten insbesondere fünf Kühe auf der Zugmaschine (drei oben und mindestens zwei unten) zu wenig Raumhöhe, so dass sie während des Transports mit ihren Rücken immer wieder an die Decke stießen und ihnen so erheblich schmerzhafte Verletzungen zugefügt wurden, nämlich großflächige Hämatome im Bereich der Lenden- und Brustwirbelsäule, offene blutige Verletzungen am Rücken, vor allem im Bereich der Schwanzwurzel. Diese Verletzungen und erheblichen Schmerzen hielten bis zur Schlachtung am nächsten Tag an und waren anhand von Schlachtbefunden nachvollziehbar.
Bei einem doppelstöckigen Transport von ausgewachsenen Rinder dieser Rasse ist die erforderliche Rückenhöhe in dem LKW des Angeklagten nicht gewährleistet. Das, und auch dass die Kühe sich deswegen Schmerzen und Verletzungen am Rücken zuziehen, wusste der Angeklagte aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung, jedenfalls aber durch die gegen ihn laufenden OWi-Verfahren.
Das AG Wetzlar hat den Angeklagten am 30.01.2013 wegen roher Tiermisshandlung, § 17 Nr. 2a) TierSchG in Tateinheit mit quälerischer Tiermisshandlung, § 17 Nr. 2b) TierSchG durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 150 € verurteilt. Hiergegen richten sich Angeklagter wie auch die Staatsanwaltschaft mit dem Rechtsmittel der Berufung.
In der Berufungsverhandlung suchte der Angeklagte die Zeugen, die für ihn arbeiteten, unter bewusster Ausnutzung ihrer Abhängigkeit von ihm zu uneidlichen Falschaussagen anzuleiten.