Urteil: Details

Öffentliches Recht

Katzen

Katze

VG Augsburg

06.06.2017

Au 1 S 17/645

Sachverhalt

Nach Meldungen über tierschutzwidrige Haltung von 18 Katzen, die im Rahmen einer angekündigten Kontrolle bestätigt wurden, wurden die Antragsteller vom Antragsgegner auf die festgestellten Mängel hingewiesen und eine Frist zur Reduzierung ihrer Katzenzahl gesetzt. Zudem wurden sie über eine artgerechte Katzenhaltung informiert, insbes. darüber, dass die stundenweise Unterbringung der Tiere in Transportboxen gegen das Tierschutzgesetz verstoße.

Wegen des Verdachts eines Vergehens nach dem Tierschutzgesetz wurde die Wohnung erneut durchsucht. Dabei stellten die Vertreter des Veterinäramts u.a. fest, dass die Antragsteller 16 Katzen in der Wohnung hielten. Nach Auffassung der Veterinäre gab es zu wenig Rückzugsmöglichkeiten, Futterplätze und Katzentoiletten. Zum Zeitpunkt der Kontrolle befanden sich acht Tiere in Transportboxen. Um die Katzen tierärztlich untersuchen zu können, wurden alle Tiere von den Veterinären mitgenommen. Die tierärztliche Untersuchung ergab bei mehreren Tieren das Vorliegen sog. „Leckalopezien“, da sich die Katzen wegen Stress und nicht artgerechten Haltungsbedingungen zu intensiv putzten.Einzelne Katzen hatten zudem aufgrund mangelnder Bewegung eine sehr schwach ausgeprägte Muskulatur.

Im Anschluss wurde den Antragstellern durch die Antragsgegnerin per Bescheid das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art untersagt (Ziffer B. 1.). Es wurde ihnen auferlegt, die freihändige Veräußerung der ihnen weggenommenen Tiere zu dulden (Ziffer B. 2.). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Haltungs- und Betreuungsverbot wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 500,-- EUR angedroht (Ziffer B. 3.). Die sofortige Vollziehung der Ziffern B. 1. und B. 2. wurde angeordnet (Ziffer B. 4.). Zur Begründung der Fortnahme und anderweitigen Unterbringung wurde ausgeführt, die Antragsteller hätten über einen längeren Zeitraum gegen § 2 TierSchG verstoßen und den Katzen länger anhaltende und erhebliche Leiden zugefügt. Die Leiden entstünden durch die Haltung der Katzen in der stark nach Urin und Kot riechenden und schimmligen Wohnung, der stundenweisen Unterbringung in Transportboxen sowie der gemeinsamen Haltung deutlich zu vieler Tiere auf zu engem Raum. Trotz der vorhergehenden Aufforderungen hätten die Antragsteller nichts an der Haltung geändert, sodass die Fortnahme und anderweitige Unterbringung dringend erforderlich gewesen sei. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei im öffentlichen Interesse und zum Schutz der Tiere geboten. Bei weiterer Fortdauer der Unterbringung im Tierheim würden die Kosten einen etwaig zu erzielenden Erlös zunehmend übersteigen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller Klage und begehrten einstweiligen Rechtsschutz. Die tierärztlichen Befunde wurden bestritten, da sie sich nicht mit den Befunden der Haustierärztin der Antragsteller decken würden.

Beurteilung

Die Antragsteller begehrten die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid. Ihr Antrag hatte teilweise Erfolg.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend ausreichend begründet. Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden. Es wurde nachvollziehbar dargelegt, warum ein weiteres Zuwarten im öffentlichen Interesse nicht mehr vertretbar war. Vorliegend war bezüglich Ziffer B. 1. zwar offen, ob ein allgemeines Haltungsverbot für Tiere jeglicher Art verhältnismäßig ist, das öffentliche Interesse am Tierschutz überwog hier jedoch das Interesse der Antragsteller, bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin Tiere halten zu dürfen. Rechtsgrundlage des Haltungs- und Betreuungsverbots ist § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG. Die Voraussetzungen hierfür waren erfüllt. Die Antragsteller hatten wiederholt gegen tierschutzrechtliche Vorgaben (insbes. § 2 TierSchG) verstoßen und dadurch den Katzen Schmerzen bzw. Leiden zugefügt. Es war auch davon auszugehen, dass sie weitere Zuwiderhandlungen begehen werden. Obwohl sie auf die Missstände hingewiesen wurden, änderten sie nichts an der Haltung. Bei der Frage, ob den Tieren Leiden zugefügt wurden, ist die vorrangige Beurteilungskompetenz der Amtstierärzte zu beachten, deren fachliche Beurteilungen jedenfalls nicht durch schlichtes Bestreiten und auch nicht durch unsubstantiierte, pauschale Behauptungen entkräftet werden können. Dass die Antragsteller die tierärztlichen Befunde bestreiten, führte daher zu keinem anderen Ergebnis.

Das Gericht teilt auch die Prognose der Antragsgegnerin, dass eine Besserung bei den Antragstellern nicht zu erwarten, sondern mit weiteren Verstößen zu rechnen war. Dies ergab sich bereits aus der Vielzahl der zumindest über einen Zeitraum von circa 2 Jahren hinweg begangenen Verstöße. Die Antragsteller hatten sich nicht von den Hinweisen der Antragsgegnerin beeindrucken lassen und bei der Durchsuchung zeigten sie sich zudem enorm uneinsichtig.

Nach Auffassung des Gerichts war es aber offen, ob das Verbot, Tiere jeder Art zu halten und zu betreuen, rechtmäßig ist. Dies war im Rahmen des Hauptsacheverfahrens abschließend zu klären sein, auch wenn viel dafür sprach, dass die Antragsteller auch nicht in der Lage sein werden, andere Tiere als Katzen artgerecht zu halten. Lassen sich die Erfolgsaussichten ohne weitere Sachaufklärung nicht vorläufig beurteilen und ist der Verfahrensausgang deshalb offen, ist eine reine Interessenabwägung erforderlich. Hier rechtfertigen die überwiegenden öffentlichen Interessen des Tierschutzes die sofortige Vollziehung des Haltungsverbots. Angesichts der massiven und dauerhaften Verstöße waren die Belange des Tierschutzes hier sehr hoch zu gewichten. Auch bezüglich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer B. 3. überwog das öffentliche Interesse aus den genannten Gründen.

Hinsichtlich der Duldungsanordnung in Ziffer B. 2. nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 TierSchG war jedoch den Interessen der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage Vorrang einzuräumen. Vorliegend war offen, ob die Voraussetzungen für die Veräußerungsanordnung erfüllt sind. Hier kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Antragsteller, dass die Katzen zumindest bis zur Entscheidung über ihre Klage nicht verkauft werden, das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Der Rechtsschutzanspruch eines Betroffenen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je gewichtiger die ihm auferlegte Belastung ist. Bei der Gewichtung der Interessen des Bürgers spielt eine bedeutsame Rolle, dass regelmäßig keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden sollen. Dies wäre hier jedoch der Fall. Sind die Katzen einmal verkauft, können sie nicht wieder zurückgeholt werden. Überwiegende öffentliche Interessen, die Anordnung sofort vollziehen zu dürfen, waren nicht ersichtlich. Das öffentliche Interesse des Tierschutzes griff hier nicht, da sich die Tiere im Tierheim befanden und ihnen somit von den Antragstellern zumindest vorübergehend kein Schaden mehr zugefügt werden konnte. Auch dass die Kosten der Unterbringung eventuell einen zu erzielenden Erlös übersteigen werden, konnte das private Interesse der Antragsteller nicht entkräften.

Entscheidung

Die Entscheidung ist rechtskräftig.