Tierschutzrecht Urteil: Details Rechtsbereich Öffentliches Recht Fallkategorie Hunde Tier Hund Gericht VG Würzburg Datum 25.10.2012 Aktenzeichen W 5 K 11.590 Sachverhalt Der Kläger - ein Tierschutzverein, vertreten durch den Vorstand Herrn S. - verfügte seit 1991 über eine tierschutzrechtliche Erlaubnis zum Halten von Hunden in einem Tierheim. Mittels Bescheid widerrief das Landratsamt 2011 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die dem Kläger erteilte Erlaubnis. Zur Begründung des Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei in der letzten Zeit durchgeführten Kontrollen des Tierheimes seien erhebliche Mängel in der Tierhaltung festgestellt worden, die von Herrn S. als Vorstand zu vertreten seien. Es seien vor allem bei Haltung und Betreuung der Tiere festgestellt worden, die bei den Tieren zu erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden geführt hätten. Es bestand ein schlechter Pflegezustand und verschiedene, teils nicht versorgte Erkrankungen, u.a. Bindehautentzündung, Umfangsvermehrungen und Hautveränderungen. U.a. hatte sich ein Hodentumor manifestiert. Durch die Unterlassung der notwendigen Kastration sei billigend in Kauf genommen worden, dass sich weitere, potenziell tödliche Tumorherde in der Lunge oder den Knochen ansiedelten. Ferner war eine am Unterhals in einem ca. 20 cm langen Bereich in die Haut bis zu 1 cm tief eingewachsenes Halsband und übel riechende eitrig-nässende Entzündung der Haut unter dem Halsband festgestellt worden. Durch ein zu fest am Hals anliegendes Halsband, wie bei N. vorgefunden, entstehe ein nicht endender Würge- und Drosselreiz. Das Leiden verstärke sich massiv, wenn das Halsband nie abgenommen werde. Bei N. habe sich eine ständig nässende und eiternde Entzündung gebildet, was mit lang andauernden und erheblichen Schmerzen und massiver Gewebsschädigung einhergegangen sei. Beim Ausführen seien N. jedes Mal durch das erneute Aufreißen der Wunde neuerliche Schmerzen zugefügt worden. Die Tatsache, dass über Monate im Tierheim niemand bemerkt habe, dass das Halsband eingewachsen gewesen sei, belege, dass die für ein Tierheim übliche Fellpflege und Überprüfung des Gesundheitszustandes nicht durchgeführt worden seien. Ferner wurden einige Hunde und Katzen nicht geimpft und waren in schlechtem Ernährungszustand. Einige der Katzen starben aufgrund der fehlenden Impfungen an Erkrankungen. Ferner wurden Buchhaltungs- und Nachweispflichten nicht eingehalten. Der Kläger beantragte, den Bescheid der Beklagten, wonach die Erlaubnis widerrufen wurde, aufzuheben. Beurteilung Die Klage wurde abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts aus 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für den Widerruf der dem Kläger mit Bescheid aus 1991 gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG erteilten tierschutzrechtlichen Erlaubnis zum Halten von Hunden in einem Tierheim ist - mangels spezialgesetzlicher Grundlage im Tierschutzgesetz - Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG). Die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG liegen ersichtlich vor. Die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG darf nur erteilt werden, wenn die für die Tätigkeit verantwortliche Person die erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit hat, § 11 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 TierSchG a.F. (weiter anwendbar über § 21 Abs. 5 Satz 1 TierSchG). Zur Ausfüllung des Begriffs der Zuverlässigkeit kann an den Begriff der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wie er sich beispielsweise in § 35 Abs. 1 Gewerbeordnung oder § 4 Gaststättengesetz findet, und an die dazu ergangene Rechtsprechung angeknüpft werden. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt danach derjenige nicht, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass Rechtsvorschriften eingehalten werden und keine Gefahren für das Wohlergehen der aufgenommenen Tiere bestehen (VG Freiburg, B. v. 09.12.2008 Nr. 2 K 1500/08). Mangelnde Zuverlässigkeit liegt insbesondere bei groben oder wiederholten Verstößen gegen das Tierschutzgesetz vor (VG Potsdam, B. v. 06.09.2010 Nr. 3 L 159/10). Entscheidend ist, ob aufgrund der begangenen Rechtsverstöße nach objektiven Maßstäben und unter Würdigung der Persönlichkeit des Betroffenen und der Umstände des Einzelfalls die Gefahr besteht, dieser werde künftig seine Pflichten als Betreiber eines Tierheims (weiterhin) nicht erfüllen. Auch eine juristische Person kann Erlaubnisinhaber sein. Erweist sich ein Organ(teil) als tierschutzrechtlich unzuverlässig, schlägt dies grundsätzlich auf die Zuverlässigkeitsbeurteilung der juristischen Person selbst durch, es sei denn, die juristische Person zeigte sich in der Lage, sich von den unzuverlässigen Organ(teil)en zu trennen und diese durch zuverlässige zu ersetzen. Aufgrund der zahlreichen und länger fortdauernden Verstöße war der Tierschutzverein als unzuverlässig anzusehen. Entscheidung Der Widerruf einer tierschutzrechtlichen Erlaubnis zum Halten von Tieren in einem Tierheim ist zulässig, wenn der Inhaber der Erlaubnis (bei juristischen Personen: das für diese handelnde Organ) nicht zuverlässig ist i.S.v. § 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 TierSchG a.F. i.V.m. § 21 Abs. 5 Satz 1 TierSchG. Erfolgen über einen längeren Zeitraum Verstöße gegen das TierSchG, die sogar im Rahmen des Strafrechts liegen, liegt eine Unzuverlässigkeit vor. Zurück zur Übersicht