Tierschutzrecht Urteil: Details Rechtsbereich Öffentliches Recht Fallkategorie Schlachtung Tier --- Gericht OVG NRW Datum 07.04.2022 Aktenzeichen 15 A 1883/16 Sachverhalt Am 23. Juni 2014 beantragte der Kläger beim Beklagten die Auskunftserteilung gemäß Verbraucherinformationsgesetz (VIG) und Landespressegesetz Nordrhein-Westfalen (PresseG NRW) zu mehreren Aspekten des Schlachthofs und Zerlegebetriebs der Beigeladenen, insbesondere zur Fehlbetäubung von Tieren, Qualifikationsanforderungen für Schlachthofangestellte und Kontrollberichten. Der Beklagte lehnte am 21. Mai 2015 den Antrag ab und begründete, dass das VIG nur Informationen zu Lebensmittelprodukten umfasse, nicht jedoch lebende oder nicht zum Verzehr hergerichtete Tiere. Daher seien etwaige Verletzungen oder Fehlbetäubungen nicht vom Gesetz erfasst. Auch der Antrag auf Grundlage des PresseG NRW wurde abgelehnt, da der Kläger zwar einen Presseausweis vorlegte, jedoch keinen Nachweis als Vertreter eines Presseunternehmens erbrachte. Ein Bezug zu einer Publikation sei nicht gegeben. Am 18.06.2015 erhob der Kläger Klage. Das Verwaltungsgericht gab der Klage des Klägers auf Informationszugang über Missstände in einem Schlachtbetrieb gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG mit Urteil vom 28.06.2015 statt. Der Anspruch des Klägers war nach Auffassung des Gerichts berechtigt, da die Informationen über tierische Produktionsbedingungen als solche über „Erzeugnisse“ im Sinne des VIG anzusehen seien. Die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil wurde mit Beschluss vom 24.05.2018 zugelassen. Durch Beschluss vom 31.01.2019 ordnete das Gericht das Ruhen des Verfahrens mit Blick auf die beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Revisionsverfahren 10 C 11.19 und 7 C 29.17 an. Dies wurde auf Antrag des Klägers mit Beschluss im November 2020 aufgehoben. Beurteilung Die Klage des Klägers ist begründet, da er einen Anspruch auf Auskunft gegen den Beklagten gemäß § 4 Abs. 1 des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) hat. Der ablehnende Bescheid des Beklagten war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger kann die Auskunft über Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften jedoch nicht auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) stützen, da dieses Gesetz nur Informationen zu lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Anforderungen betrifft. Verstöße im Bereich des Tierschutzes bei lebenden Tieren fallen nicht unter diese Kategorie, da lebende Tiere nicht als Lebensmittel gelten, solange sie nicht für den menschlichen Verzehr vorbereitet sind. Daher ist die Anspruchsgrundlage in diesem Fall das IFG NRW. Die Frage, ob der Anspruch des Klägers zusätzlich durch § 4 Abs. 1 des Pressegesetzes NRW gestützt werden kann, bleibt offen, da die Regelungen des IFG NRW bereits ausreichend sind. Hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen an die Betäubung bei der Schlachtung sind die Vorschriften des § 12 der Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) sowie Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 maßgeblich. Diese verlangen, dass Tiere so betäubt werden, dass die Tötung schmerz- und stressfrei erfolgt. Verstöße gegen diese Bestimmungen sind rechtswidrig und können nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass eine vollständige Vermeidung von Schmerz und Stress technisch nicht möglich sei. Entscheidung Verstöße gegen Regelungen über lebende Tiere - unter Einschluss des Tierschutztransportrechts und des Tierschutzschlachtrechts - unterfallen nicht dem Lebensmittel- und Futtermittelrecht. Auskunftsansprüche zu solchen Verstößen können weder auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG noch auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VIG gestützt werden. Das gilt auch für Informationen zu Fehlbetäubungen in einem Schlachtbetrieb. Soweit der Kläger und der Beklagte den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt und ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wirkungslos. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Zurück zur Übersicht