Urteil: Details

Öffentliches Recht

Pferde

Pferd

VG Lüneburg

12.12.2016

6 A 268/16

Sachverhalt

Der Kläger, Halter eines Hengstes namens „C.“, wehrt sich gegen die nachträgliche Bestätigung der Fortnahme des Tieres durch den Beklagten am 10. Mai 2016 sowie gegen die Feststellung, dass er die Kosten für die anderweitige Unterbringung tragen muss. Der Kläger ist Halter mehrerer Pferde und es herrscht Streit darüber, ob der Kläger in der Vergangenheit seinem Hengst regelmäßig Auslauf gewährte. Der Beklagte hatte dem Kläger bereits mit Bescheid vom 9. März 2016 die Haltung des Hengstes untersagt und ihm acht Wochen Zeit eingeräumt, das Tier in eine tierschutzgerechte Unterbringung zu überführen. Da der Kläger dieser Anordnung nicht nachkam, nahm der Beklagte das Tier am 10. Mai 2016 fort. Der Kläger beantragte daraufhin eine einstweilige Anordnung, die jedoch vom Gericht abgelehnt wurde. Mit dem Bescheid vom 13. Juni 2016 bestätigte der Beklagte die Fortnahme des Hengstes und ordnete die Kostenübernahme durch den Kläger an, wobei er sich auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG stützte. Der Kläger hält den Bescheid für rechtswidrig, da es sich bei der Fortnahme um einen Realakt handele, der nicht nachträglich als Verwaltungsakt erklärt werden könne. Zudem bestreitet er die Rechtmäßigkeit der Kostenanordnung, da die Unterbringung des Hengstes nicht ordnungsgemäß erfolgt sei und ein Eingriff in sein Eigentumsrecht nicht gerechtfertigt sei. Der Beklagte verweist auf die Rechtsgrundlage des Tierschutzgesetzes und beantragt, die Klage abzuweisen.

Beurteilung

Die Klage hatte nur teilweise Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Beklagten wurde zunächst gemäß §§ 133, 157 BGB ausgelegt. Dabei stellte sich heraus, dass der Beklagte die bereits am 10.05.2016 erfolgte Fortnahme des Hengstes nachträglich bestätigen wollte. Dies war jedoch rechtswidrig, da § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG die nachträgliche Legitimation einer bereits durchgeführten Fortnahme nicht erlaubt. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 12.01.2012) kann die Fortnahme nur durch einen vorhergehenden Verwaltungsakt legitimiert werden. Daher war die nachträgliche Fortnahme des Tieres ohne Verwaltungsakt rechtswidrig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Hinsichtlich der Unterbringung des Hengstes entschied das Gericht, dass die nachträgliche Anordnung der Unterbringung vor Erlass des Bescheids ebenfalls rechtswidrig war. Für die Zukunft war die Anordnung der Unterbringung jedoch rechtmäßig, da sie auf der Grundlage von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Hs. 1 TierSchG erfolgte. Das Gutachten der Amtstierärztin bekräftigte, dass der Kläger gegen § 2 TierSchG verstoßen hatte, indem er dem Pferd keinen ausreichenden Auslauf gewährte. Insofern war die Fortführung der Unterbringung durch den Beklagten erforderlich und verhältnismäßig, um das Wohl des Tieres zu schützen.
Die Behörde hatte ihr Ermessen bei der Anordnung der Unterbringung ordnungsgemäß ausgeübt, insbesondere im Hinblick auf die Kostentragungspflicht des Klägers, die rechtlich nicht zu beanstanden war (vgl. § 40 VwVfG). Das Gericht stellte fest, dass der Bescheid auch im Hinblick auf die künftige Unterbringung des Hengstes rechtmäßig war, da die Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG erfüllt waren.
Die Kostenpflicht des Klägers ergibt sich zunächst aus § 73 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG), da die Fortnahme des Hengstes eine Maßnahme des unmittelbaren Zwangs nach § 70 Abs. 1 NVwVG i.V.m. §§ 64, 65, 69 NSOG darstellt. Der Kläger hatte gegen die Fortnahme keinen Erfolg mit seinen Rechtsmitteln, und die Verwaltungsvollstreckung wurde daher als rechtmäßig angesehen. Darüber hinaus wird für die Zeit nach dem Erlass des Bescheids vom 10.05.2016 auch § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG als rechtliche Grundlage zur Kostenauferlegung herangezogen, da die Behörde die anderweitige pflegliche Unterbringung des Hengstes zu Lasten des Klägers anordnen durfte. Auch eine Feststellungsklage des Klägers auf Rückgabe des Hengstes wurde abgewiesen, da die Vollstreckungsmaßnahme rechtmäßig war.

Entscheidung

§ 16a Abs 1 S 2 Nr 2 TierSchG ermächtigt nicht dazu, eine bereits im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgeführte Fortnahme eines Tieres nachträglich anzuordnen.

Weder nach § 16a Abs 1 S 2 Nr 2 TierSchG noch nach sonstigen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften des niedersächsischen Landesrechts ist die zuständige Behörde befugt, eine Vollstreckungsmaßnahme durch Verwaltungsakt nachträglich zu bestätigen.

Die zuständige Behörde kann aber gemäß § 16a Abs 1 S 2 Nr 2 TierSchG die fortdauernde Unterbringung eines Tieres auch dann anordnen, wenn dies im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung bereits fortgenommen und untergebracht worden ist.