Urteil: Details

Öffentliches Recht

Haltungs- und Betreuungsverbot

Rinder

VG Münster

02.10.2018

11 L 835/18

Sachverhalt

Bereits 2010 und erneut 2016 erließ der Antragsgegner aufgrund wiederholter Mängel in der Tierhaltung Ordnungsverfügungen. Diese beinhalteten u.a. Anforderungen an die tägliche Reinigung der Tränkeeinrichtungen, die Bereitstellung einer trockenen Liegefläche, die ordnungsgemäße Fütterung der Tiere sowie regelmäßige Klauenpflege. Trotz dieser Maßnahmen und wiederholter behördlicher Kontrollen setzte der Antragsteller die Anordnungen nicht konsequent um. Es kam zu wiederholten Verstößen, wie etwa der mangelnden Fütterung, unzureichender Klauenpflege und unhygienischen Stallbedingungen. Zudem zeigte der Antragsteller kein nachhaltiges Umdenken, was die Wahrscheinlichkeit weiterer Zuwiderhandlungen erhöhte. Infolgedessen erließ der Antragsgegner ein Verbot zur Haltung und Betreuung von Rindern gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG, da die Gefahr von erheblichem Leiden für die Tiere weiterhin bestand. Der Antragssteller begehrt daher die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 24.07.2018 wiederherzustellen.

Beurteilung

In der materiellen Prüfung stellte das Gericht fest, dass die in der Ordnungsverfügung angeordneten Maßnahmen, namentlich das Verbot der Rinderhaltung und die Auflösung des Rinderbestandes, auf einer ordnungsgemäßen Rechtsgrundlage beruhen. Insbesondere stützt sich die Verfügung auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG, der die zuständige Behörde ermächtigt, einem Tierhalter das Halten von Tieren zu untersagen, wenn dieser wiederholt oder grob gegen die tierschutzrechtlichen Vorgaben des § 2 TierSchG verstoßen hat und den Tieren dadurch erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt wurden. Die Behörde ist grundsätzlich berechtigt, das Halten und Betreuen von Rindern zu untersagen und die Auflösung des Rinderbestandes anzuordnen, wenn der Tierhalter bei der landwirtschaftlichen Tierhaltung über Jahre hinweg wiederholt und massiv gegen einschlägige tierschutzrechtliche Anforderungen verstoßen und den Rindern hierdurch erhebliche und länger anhaltende Schmerzen und Leiden sowie erhebliche Schäden zugefügt hat.
Der Antragsteller hatte über Jahre hinweg wiederholt gegen grundlegende tierschutzrechtliche Anforderungen verstoßen, insbesondere bezüglich der Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere. Diese Missstände wurden durch zahlreiche amtliche Kontrollen, Zeugenaussagen und Fotodokumentationen belegt.
Der Antragsteller hatte wiederholt gegen das Gebot der angemessenen Ernährung (§ 2 Nr. 1 TierSchG) und die entsprechenden Vorgaben der TierSchNutztV verstoßen. Hierzu zählten unzureichende Fütterung und defekte Tränken, die zu einem erheblichen Ernährungsdefizit führten. Der Zustand der Tiere, der vielfach als krankhaft unterernährt beschrieben wurde, führte zu erheblichen Leiden, was auch durch die tierärztlichen Gutachten bestätigt wurde. Durch eine wiederholte ungenügende Ernährung wird Rindern erhebliches Leiden zugefügt. Leiden sind alle nicht bereits vom Begriff des Schmerzes umfasste Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, die über ein bloßes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern. Für ein länger andauerndes Leiden genügt bereits eine mäßige Zeitspanne aus, weil nicht auf das Zeitempfinden des Menschen, sondern auf das wesentlich geringere Vermögen des Tieres, physischem oder psychischem Druck standhalten zu können, abzustellen ist. Die Möglichkeit, Hunger und Durst zu stillen und den Körper mit ausreichenden Nährstoffen zu versorgen, stellt eine der elementarsten Bedürfnisse von Rindern dar. Ungenügende Ernährung, gerade wiederholt und über einen längeren Zeitraum, verursacht daher erhebliche Leiden
Auch der Mangel an sauberer Haltung und angemessener Pflege, wie die unzureichende Klauenpflege und die mangelhafte Sauberkeit der Ställe, stellte einen groben Verstoß gegen die tierschutzrechtlichen Pflichten des Antragstellers dar (§ 2 Nr. 1 TierSchG, § 4 Abs. 1 Nr. 10 TierSchNutztV). Der Begriff der Pflege umfasst alle Maßnahmen, die das Wohlbefinden des Tieres herbeiführen und erhalten. Dazu gehört die Reinigung und Reinhaltung des Aufenthaltsbereichs des Tieres. Insoweit hat der Tierhalter auch sicherzustellen, dass die Haltungseinrichtung sauber gehalten wird, insbesondere Ausscheidungen so oft wie nötig entfernt werden und Gebäudeteile, Ausrüstung und Geräte, mit denen die Tiere in Berührung kommen, in angemessenen Abständen gereinigt werden. Weiter gehört zur Pflege die Gesundheitsvorsorge und -fürsorge, die u. a. durch Vorstellung beim Tierarzt bei Krankheit oder Krankheitsverdacht zu gewährleisten ist. Außerdem hat der Tierhalter für eine ausreichende Beleuchtung der Ställe zu sorgen.
Der Antragsteller konnte nicht hinreichend belegen, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung des Zustandes der Tiere ausreichten. Die Gefahr, dass der Tierhalter weiterhin gegen tierschutzrechtliche Vorschriften verstoßen wird, ist regelmäßig gegeben, wenn er in der Vergangenheit über Jahre hinweg massiv auf vielfältige Weise gegen tierschutzrechtliche Anforderungen verstoßen und wiederholt tier- schutzrechtliche Anordnungen des Antragsgegners missachtet hat und weder Beratung und Hilfsangebote der Landwirtschaftskammer noch zwei ordnungsrechtliche Verfügungen zu einer nachhaltigen Verbesserung im Umgang mit den von ihm gehaltenen Rindern geführt haben.

Entscheidung

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung vom 24. Juli 2018 wiederherzustellen, wurde abgelehnt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war formell ordnungsgemäß und die Begründung erfüllte die Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da der Antragsgegner hinreichend darlegte, dass die sofortige Vollziehung aufgrund tierschutzrechtlicher Gefahren erforderlich war.