Urteil: Details

Öffentliches Recht

Zirkus

Wildtiere, Känguruh, Zebra

VGH München

25.03.2023

4 CE 23.854

Sachverhalt

Der Antragsteller, ein Zirkusunternehmer, beantragte die Zulassung zu einem städtischen Veranstaltungsplatz, um im Zeitraum Mai/Juni 2023 mit Tieren, darunter Wildtiere wie Kängurus und Zebras, aufzutreten. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag ab, da gemäß einem Stadtratsbeschluss vom 22. Februar 2017 die städtischen Plätze nur noch Zirkussen zur Verfügung gestellt werden, die keine Wildtiere mitführen oder zur Schau stellen. Diese Regelung wurde durch die Tarifordnung der Antragsgegnerin gestützt. Der Antragsteller erhob daraufhin den Antrag auf einstweilige Anordnung, um den Veranstaltungsplatz ohne Einschränkung der Tiere zu nutzen.
Das Verwaltungsgericht München lehnte diesen Antrag ab, da der Antragsteller das Zulassungskriterium der Antragsgegnerin, das Wildtiere ausschließt, nicht erfüllte. Das Gericht stellte fest, dass die Kommune im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsrechte nach Art. 28 Abs. 2 GG befugt sei, die Nutzung öffentlicher Einrichtungen zu gestalten. Auch die Tierschutzüberlegungen, die durch den Stadtratsbeschluss verfolgt werden, stünden der Widmungsbeschränkung nicht entgegen, da es sich nicht um eine bundeseinheitliche Tierschutzregelung im Sinne des § 11 TierSchG handele, sondern um eine Benutzungsregelung für die öffentliche Einrichtung. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers gemäß Art. 12 GG wurde als gerechtfertigt angesehen, da keine willkürliche Beschränkung vorliege.
Die Entscheidung wurde vom Verwaltungsgerichtshof in der Beschwerdeprüfung bestätigt, wobei die Kommune die Widmungsbeschränkung auf Zirkusse ohne Wildtiere als sachlich gerechtfertigt ansah und keine unzumutbaren Nachteile für den Antragsteller feststellte.

Beurteilung

Die Beschwerde des Antragstellers hatte Erfolg. Der Antragsteller, ein Zirkusunternehmer, beantragte die einstweilige Anordnung zur Nutzung eines städtischen Veranstaltungsplatzes, um eine Zirkusvorstellung mit Wildtieren durchzuführen. Die Antragsgegnerin hatte den Antrag abgelehnt, weil eine Widmungsbeschränkung Zirkusse mit Wildtieren aus dem Zugang zu den städtischen Festplätzen ausschloss. Diese Beschränkung beruhte auf einem Stadtratsbeschluss und sollte dem Tierschutz dienen.
Das Gericht entschied, dass die Widmungsbeschränkung unzulässig ist. Zwar können Gemeinden ihre öffentlichen Einrichtungen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 57 Abs. 1 GO) nach eigenen Vorstellungen nutzen, doch eine Beschränkung aus Gründen des Tierschutzes in Form einer solchen Widmung muss eine gesetzliche Grundlage haben. Der Ausschluss von Zirkussen mit Wildtieren stellt einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers gemäß Art. 12 Abs. 1 GG dar, der jedoch ohne eine entsprechende gesetzliche Normierung nicht gerechtfertigt werden kann.
Die Beschränkung beruhte lediglich auf einem Stadtratsbeschluss und nicht auf einer formellen Satzung, was gegen die notwendige rechtliche Grundlage verstößt. Daher ist der Ausschluss von Zirkussen mit Wildtieren rechtswidrig. Die Entscheidung, den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren, stützt sich auf die Tatsache, dass der Antragsteller im geplanten Zeitraum keine Alternativstandorte finden konnte und der Ausfall der Veranstaltung eine existenzgefährdende Folge hätte. Das Gericht folgte der Ansicht, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlich war, um den Antragsteller vor irreparablen Nachteilen zu schützen (Art. 19 Abs. 4 GG).

Entscheidung

Die Antragsgegnerin wird in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 3. Mai 2023 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller nach ihrer Wahl den städtischen Platz „Schlüsselanger“ oder den städtischen Platz „Waitzinger Wiese“ ohne Beschränkung der mitzuführenden bzw. zur Schau zu stellende Tiere für zehn Tage im Zeitraum Mai/Juni 2023 zur Verfügung zu stellen.

Die Gemeinden können Zirkusbetriebe, die Wildtiere mit sich führen oder zur Schau stellen, jedenfalls nicht auf der Grundlage eines schlichten Ratsbeschlusses von der Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen ausschließen.