Hahn hinter Zaun.

Geflügelhaltung und Schlachtung

Lesedauer:8 Minuten

Millionenfache Tötung

von männlichen Eintagsküken

Die extreme Leistungszucht hat in der Geflügelwirtschaft dazu geführt, dass einerseits Hühnerlinien mit hoher Legeleistung, andererseits schnell wachsende Mastlinien mit hohem Brustfleischanteil verwendet werden. Da die männlichen Küken der Legelinien nur wenig Fleisch ansetzen, rentiert sich seitens der Geflügelwirtschaft ihre Mast nicht. Diese gesunden Küken werden routinemäßig gleich nach dem Schlupf aussortiert und aus rein ökonomischen Gründen getötet.

Damit ist in Hessen jetzt Schluss! Am 04.09.2014 untersagte Hessen die Tötung männlicher Eintagsküken. In Hessen steht eine der größten Brütereien Deutschlands, mit 15 Millionen getöteten Küken pro Jahr. An dieses Unternehmen wurde nun eine Verfügung geschickt, die dem Betreiberunternehmen klar definierte Auflagen machen. So ist es dazu verpflichtet, eine Alternative zu benutzen

Das Problem kann auf zweierlei Arten gelöst werden. Eine Möglichkeit ist eine technische Methode, die eine Geschlechtsbestimmung im Ei in der ersten Hälfte der Bebrütung ermöglicht. Die LBT hatte diese Möglichkeit bereits 2005 initiiert. Hessen begleitete und unterstützte die beteiligten Universitäten über Jahre, auch finanziell.

Wie eine neue Veröffentlichung der Uni Leipzig zeigt, führte diese Forschung zu viel versprechenden Ergebnissen, dass technische Alternativen, die eine zuverlässige Geschlechtsbestimmung in Hühnerei zulassen, in greifbare Nähe gerückt sind.

Die Untersagung des Landes Hessen greift zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Dieser wird durch die weitere Entwicklung und Automatisierung eines geeigneten technischen Verfahrens bestimmt. Von dem Zeitpunkt an, wenn der Betreiber es erwerben und im täglichen Betrieb einsetzen kann, muss er unverzüglich handeln. Das Konzept der Umstellung wird vom Land Hessen eng begleitet und kontrolliert.

Zum anderen ist die Züchtung sogenannter Zweinutzungsrassen, die sowohl für die Eiererzeugung als auch für die Mast geeignet sind, so dass sich eine geschlechtsbezogene Auslese erübrigt. Für den breiten Markt sind diese Zuchtergebnisse aber bislang leider nicht ausreichend. Hier bedarf es weiterer Anstrengungen!

Die LBT begrüßt die Initiative des Landes Hessen ausdrücklich und ist froh, dass sich Ihr Engagement seit Jahren nun endlich auszahlt.

Zu den hochaktuellen Themen "Haltung von Bruderhähnen" und "Tiertransporte von Geflügel" konnten wir mit finanzieller Unterstützung aus dem Hessischen Öko-Aktionsplan zwei wissenschaftliche Arbeiten in Auftrag geben, die Sie hier herunterladen können:

Hühnermobile

Unabhängig vom Haltungssystem gelten für alle gehaltenen Legehennen und Masthühner die allgemeinen Anforderungen des Tierschutzgesetzes (TierSchG) und der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV).

Als Alternative zu stationären Haltungseinrichtungen werden Legehennen immer häufiger in mobilen Haltungssystemen untergebracht. Im Vergleich zu einer stationären Freilandhaltung bietet ein mobiles Haltungssystem den Vorteil, dass es regelmäßig und natürlich auch bei Bedarf auf eine „frische“ Auslauffläche umgesetzt werden kann. Die Tiere  haben dabei tagsüber einen ungehinderten Zugang zu den jeweiligen Freiflächen, die im Rotationsverfahren bewirtschaftet werden.

Diese Art der Freilandhaltung stellt damit eine besonders artgemäße und umweltschonende Haltung von Geflügel dar und erfüllt bei fachgerechter Umsetzung alle Anforderungen an Tierschutz, Boden- und Gewässerschutz sowie Hygiene und Wirtschaftlichkeit. Mittlerweile gibt es in Deutschland über 2000 Betriebe mit über 1 Millionen Hennen in mobilen Ställen. Eine beachtliche Zahl, auch wenn es im Vergleich zum Gesamtmarkt noch sehr klein ist.
Die Haltung von Freilandhähnchen aus dem Mobilstall ist derzeit noch nicht so weit verbreitet wie die Legehennenhaltung, daher erhält man die sogenannten Weidehähnchen selten im Einzelhandel und ganz selten in Verkaufsautomaten. Aber immer auf Vorbestellung bei Betrieben, die diese Haltungsform praktizieren.

Insbesondere für Landwirte mit kleineren Beständen bieten sogenannte „Hühnermobile“ damit eine interessante Alternative. Auch sind sie als zusätzliches Standbein sehr interessant. Der Arbeitsaufwand ist in der mobilen Geflügelhaltung dabei allerdings höher als in einem stationären Stall, sodass er z.B. in Direktvermarktung über höhere Eier- bzw. Fleischpreise entlohnt werden muss.
In Hessen sind überdies die Mobilställe baugenehmigungsfrei.

Im September 2018 wurde der europaweit erste Mobilstallverband "Bundesverband mobile Geflügelhaltung e. V. (BVMG)" - Bundesverband Mobile Geflügelhaltung e.V.Öffnet sich in einem neuen Fenster gegründet.

Der Verband hat seinen Sitz in Hessen, wo auch der Bundesvorsitzende des Verbandes her stammt! Darüber hinaus ist auch die Mobilstallbewegung mit der Firma Stallbau Weiland maßgeblich in Hessen entstanden.

Der Verband ist und wird auch künftig Ansprechpartner sein für Politik, Behörden, Lebensmitteleinzelhandel und Presse. Er vertritt dabei alle Mobilstallsysteme (Voll- und Teilmobil) sowie konventionell und ökologisch arbeitende Betriebe.

Eine Übersicht mit Standorten von mobilen Hühnerställen in Hessen sowie deren Verkaufsstellen hat das Beratungsteam des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) erstellt. Diese ist hier abzurufen: LLH - Übersichtskarte Mobile Geflügelställe HessenÖffnet sich in einem neuen Fenster

Auch der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) – hier der Eichhof in Bad Hersfeld - als die staatliche Bildungs- und Beratungseinrichtung des Landes Hessen verfügt mittlerweile über einen Mobilstall!

In der Europäischen Gemeinschaft (EU) werden sehr viele lebende Tiere auf sehr langen Transportwegen zu weit entfernten Schlachtstätten gefahren. Ausgestallte hessische Legehennen oder Freilandmasthähnchen aus sogenannten Hühnermobilen, die regional direkt vermarktet werden sollen, werden beispielsweise (z.T. über Zwischenhändler) zu Betrieben nach Niedersachsen oder gar Belgien oder Polen gefahren, um dort dann schließlich geschlachtet zu werden.

Zwar dürfen vorhandene „registrierte“ Geflügelschlachtbetriebe auch hier in Hessen schlachten und regional vermarkten, jedoch dürfen sie keine sogenannten Lohnschlachtungen für andere Geflügelhalter durchführen, sondern nur für sich selbst. Ihr Schlachthaus darf von anderen nicht genutzt werden.

Eine EU-Zulassung, die dies ermöglichen würde, ist aufgrund der damit verbundenen Bürokratie, der Dokumentationspflichten und der hohen Gebühren in aller Regel für derartige Betriebe unrentabel.

Viele Hühnerhalter mit artgerecht gehaltenen Tieren suchen daher vergeblich eine nahe gelegene Schlachtstätte, die auch eine geringe Anzahl von Hühnern oder Hähnchen schlachtet. Die Hühner solcher Halter leben in der Regel ganzjährig in ihrem Hühnermobil mit täglichem Weidegang.

Deshalb hat die Landestierschutzbeauftragte über Mittel des hessischen Ökoaktionsplanes in einem Pilotprojekt eine mobile Hühnerschlachtstätte entwickeln lassen, die von mehreren Betrieben leihweise in eigener Verantwortung genutzt werden kann und nicht unter die EU-Zulassungspflicht fällt.

Ziel des Projekts war und ist die Produktion von Geflügelfleisch aus artgerechter Freilandhaltung – erzeugt durch stressfreie Schlachtung ohne Tiertransport.

Die Schlachtung erfolgt hier im vertrauten Herdenverband ohne weitere Belastungen. Die Tiere müssen nicht in enge Transportkäfige verladen und nicht unter erheblicher Witterungsbelastung (Hitze, Kälte, Regen) zu weit entfernten Schlachtstätten gefahren werden. Sie werden vielmehr im Schlachtmobil auf einem befestigten Platz direkt beim Hühnermobil oder in Stallnähe betäubt und fachgerecht geschlachtet. Das bedeutet, dass die Tiere keine stressbedingten Belastungen, auch nicht Angst, Hunger und Durst bei mehrstündigen Fahrten, vor der Schlachtung erleben müssen.

Außerdem kann im gemeinsam genutzten Schlachtmobil eine hochmoderne, manuelle Elektrobetäubung zum Einsatz kommen, die sonst für den einzelnen Direktvermarkter nicht finanzierbar wäre. Durch die Elektrobetäubung werden die Tiere schonender betäubt als durch die sonst bei kleinen Direktvermarktern übliche Kopfschlagbetäubung. Damit unterscheidet sich die Betäubung auch von der in großen Schlachthöfen übliche, z.T. sehr umstrittene automatisierte Elektrobetäubung im Wasserbad.

Insgesamt gesehen wird mit dem Projekt der steigende Bedarf von „kleinen“ Geflügelhaltern (sowohl Legehennen und Mastgeflügel aber auch Puten, Gänse und Enten) für eine hofnahe Schlachtung - ohne der sonst notwendigen und mit viel Bürokratie, Dokumentationspflichten und hohen Gebühren verbundenen EU-Zulassung einer eigenen Schlachtstätte - ihrer artgerecht gehaltenen Tiere gedeckt.

Die Bedeutung ist sowohl für Bio-zertifizierte als auch für konventionelle Betriebe mit artgerechter Haltung und regionaler Vermarktung für ganz Hessen enorm.