Urteil: Details

Öffentliches Recht

Nutztiere

Schafe, Rinder

BVerfG

28.09.2009

1 BvR 1702/09

Sachverhalt

Zur Entscheidung stand die Verfassungsbeschwerde eines muslimischen Metzgers, der sich durch zwei verwaltungsgerichtliche Beschlüsse in seinen Grundrechten beeinträchtigt sah.
Der Beschwerdeführer, ein strenggläubiger Muslim, streitet seit Jahren vor Gericht immer wieder mit der Kreisbehörde um jährlich neu zu erteilende Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schlachten (Schächten) von Rindern und Schafen. Im Januar 2002 entschied das - nach erfolgloser Ausschöpfung aller gegebenen Rechtsmittel angerufene – Bundesverfassungsgericht, dass er dem Grunde nach hierzu berechtigt sei. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs bedurfte es im Laufe des Jahres jedoch einer erneuten Klage, da die Kreisverwaltung ihn unter Hinweis auf die im Juli 2002 erfolgte Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz (Art. 20 a GG) wiederum abschlägig beschied. Mit Urteil vom November 2006 entschied das Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich zugunsten des Klägers.
Bereits 2008 waren die Entscheidungen des Landkreises erst sehr spät ergangen. Nachdem der Beschwerdeführer auch im Jahr 2009 bis Februar von der Behörde weder über die beantragte Ausnahmegenehmigung für 2009 noch über die Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis beschieden worden war, erließ das Verwaltungsgericht auf seinen Antrag im Eilverfahren einen Beschluss, der es ihm vorläufig gestattete, pro Woche 2 Rinder und 30 Schafe zu schächten, dies allerdings u.a. mit der Auflage, dabei stets einen Amtstierarzt zuzuziehen. Der Hessische VGH hob diesen Beschluss auf die Beschwerde des Landkreises hin wieder auf und wies den Eilantrag ab. Da auch eine Entscheidung der Behörde weiterhin ausblieb, rief der Beschwerdeführer im September 2009 das Bundesverfassungsgericht an und beantragte die Aufhebung des VGH – Beschlusses sowie der o.g. Auflage des Verwaltungsgerichts.

Beurteilung

In seiner dem Antrag stattgebenden Begründung weist das Gericht darauf hin, der VGH habe hier dem verfassungsrechtlichen Gebot der Effektivität gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) nicht hinreichend Rechnung getragen. Dazu gehöre im Eilverfahren auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit, um keine vollendeten Tatsachen eintreten zu lassen, die später nicht mehr rückgängig zu machen sind. In diesen Fällen obliege den Gerichten bereits in diesem Prozessstadium eine besondere, umfassende Prüfung der Sach– und Rechtslage, die auch nicht durch Verweis auf das spätere Hauptverfahren eingeschränkt werden könne. Gleiches gelte für die vom Verwaltungsgericht verfügte Auflage; sie sei nur vollzieh- und damit erfüllbar, wenn die Kreisbehörde dabei mitwirke, eine Verpflichtung hierzu enthalte der Beschluss jedoch nicht, so dass auch die vorläufige Schächterlaubnis auf dieser Basis gar nicht erst wirksam werde.

Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht gab der Beschwerde statt, hob den VGH- Beschluss auf und setzte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wieder in Kraft, jetzt aber unter Wegfall der o.g. Auflage.