Tierschutzrecht Urteil: Details Rechtsbereich Öffentliches Recht Fallkategorie Amtshaftung Tier Tiere - Kastration Gericht BVerfG Datum 21.06.2006 Aktenzeichen 1 BvR 1319/04 Sachverhalt Die Gesetze der DDR erlaubten ihm die Kastration von gesunden männlichen Tieren unter örtlicher Betäubung. Weibliche Tiere durften - mit Ausnahme von Sauen - ab Eintritt der Geschlechtsreife nicht kastriert werden. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 TierSchG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Nr. 1 und § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 5 und Satz 3 TierSchG ist die Kastration warmblütiger Wirbeltiere im Alter von über vier Wochen dem Tierarzt vorbehalten. Die Vorschriften wurden durch Art. 8 des Vertrages zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) mit der Maßgabe in Kraft gesetzt, dass Berufskastrierern aus dem Beitrittsgebiet, die vor 1991 ihre Ausbildung abgeschlossen haben, die Erlaubnis erteilt werden kann, dort eine den dort bisher geltenden Vorschriften entsprechende Tätigkeit bis auf Widerruf, längstens bis zum 31. Dezember 1995, auszuüben. Der Beschwerdeführer, der seit 1983 als Berufskastrierer in der DDR tätig war, stellte im November 1995 einen Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Erlaubnis zur Kastration warmblütiger Tiere unter Betäubung, den der zuständige Landkreis unter Verweis auf den Tierarztvorbehalt des Tierschutzgesetzes ablehnte. Die daraufhin erhobene Verpflichtungsklage blieb beim VG und OVG erfolglos. Der Beschwerdeführer, der in der DDR den Beruf des Kastrierers aufgenommen hat, begehrt die Erlaubnis zur Fortsetzung seiner bisherigen Tätigkeit. Die der ablehnenden Entscheidung zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen stellten eine übermäßige unzumutbare Belastung dar und seien daher mit der Berufsfreiheit nicht vereinbar. Den Bedürfnissen des Tierschutzes werde durch Methode und Praxis der staatlich geprüften und anerkannten Berufskastrierer hinreichend Rechnung getragen. Er habe nicht die Möglichkeit, sich durch ein Studium der Tiermedizin zu qualifizieren. Beurteilung Der in den Vorschriften des Tierschutzgesetzes niedergelegte Tierarztvorbehalt ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels eines besseren Tierschutzes nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich. Ein milderes, aber zur Erreichung des mit dem Tierarztvorbehalt erstrebten Zieles ebenso wirksames Mittel ist nicht erkennbar. Die Betäubung der höher organisierten Wirbeltiere erfordert besondere Kenntnisse auf den Gebieten der Physiologie und der Betäubungslehre, verbunden mit entsprechenden praktischen Fähigkeiten. Die in einem Hochschulstudium erworbene tiermedizinische Ausbildung macht es dem Tierarzt möglich, die Narkose in jedem Stadium sachgerecht zu begleiten, während der Berufskastrierer wegen der beschränkten Ausbildunginhalte und der kürzeren Ausbildungszeit die hierfür notwendigen umfassenden Kenntnisse nicht erlangen kann. Die der ablehnenden Entscheidung zugrunde liegende gesetzliche Regelung ist auch nicht aufgrund des Fehlens einer angemessenen Übergangsregelung unverhältnismäßig. Die Übergangsvorschrift in Art. 8 des Einigungsvertrages in Verbindung mit Anlage I Kapitel IV Sachgebiet A Nr. 14 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil der Gesetzgeber sich mit ihr innerhalb des von Art. 12 GG i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem Gebot des Vertrauensschutzes begrenzten Gestaltungsspielraums bewegt. Es ist ausreichend, dass den Berufskastrierern eine angemessene Frist von fünf Jahren zur beruflichen Neuorientierung eingeräumt worden ist. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG kann nicht festgestellt werden. Der Eingriff in die Berufsfreiheit des Beschwerdeführers ist auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 und § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 5 und Satz 3 TierSchG i.V.m. Einigungsvertrag verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Entscheidung Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Zurück zur Übersicht