Tierschutzrecht Urteil: Details Rechtsbereich Öffentliches Recht Fallkategorie Tiertransporte Tier Rinder Gericht OVG Niedersachsen Datum 22.08.2024 Aktenzeichen 11 LA 361/22 Sachverhalt Die Klägerin führt internationale Tiertransporte durch bzw. organisiert diese für verschiedene Auftraggeber. Im September 2021 beantragte sie beim Beklagten (dem Landkreis) die Abstempelung des Fahrtenbuchs für vier Transporte nach Marokko und legte dazu ihre Transportpläne vor. Danach betrug die Gesamtbeförderungsdauer für den Transport jeweils ca. fünf Tage und sechs Stunden und untergliederte sich jeweils in drei Transportabschnitte. Sämtliche Transporte sollten mit je einem Fahrer pro Lkw durchgeführt werden. Während der in den ersten beiden Transportabschnitten geplanten Standzeiten von je 9 1/2 Stunden sollten die Tiere auf den Transportfahrzeugen verbleiben, wobei zu Beginn der Standzeiten zunächst eine Versorgung mit Wasser und Futter geplant war. Bei diesen Ruhezeiten handelte es sich um Ruhezeiten, die dem Fahrer zur Erholung dienen sollten. Die 9 ½ -stündige Ruhepause hätten durch den Einsatz eines zweiten Fahrers nach eigener Aussage der Klägerin um sechs Stunden reduziert werden können. Per Bescheid lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab, die Fahrtenbücher für die genannten Transporte abzustempeln. Dies begründete sie insbesondere damit, dass nur ein Fahrer alleine die Transporte durchführen solle und damit der Transport unnötig in die Länge gezogen würde. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde abgelehnt sowie die Klage auf Anfechtung des Bescheids abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung ein. Dieser wurde vom OVG abgelehnt. Beurteilung Gemäß Art. 14 Abs. 1 a) der VO (EG) Nr. 1 1/2005 überprüft die zuständige Behörde am Versandort bei langen Beförderungen u.a. von Hausrindern zwischen Mitgliedstaaten und von und nach Drittländern durch geeignete Kontrollen insbesondere, ob das vom Organisator vorgelegte Fahrtenbuch wirklichkeitsnahe Angaben enthält und darauf schließen lässt, dass die Beförderung den Vorschriften der Verordnung entspricht. Ist das Ergebnis dieser Kontrollen zufriedenstellend, versieht sie das Fahrtenbuch mit einem Stempel (Art. 14 Abs. 1 c) VO (EG) Nr. 1/2005). Diese Voraussetzungen waren hier in Bezug auf die von der Klägerin vorgelegte Transportplanung nicht erfüllt, weil diese Planung gegen den Beschleunigungsgrundsatz nach Art. 3 Satz 2 a) VO (EG) Nr. 1/2005 und gegen das in Art. 3 Satz 2 f) VO (EG) Nr. 1/2005 normierte Verzögerungsverbot verstößt. Nach Art. 3 Satz 2 a) VO (EG) Nr. 1/2005 müssen vor der Beförderung alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten und den Bedürfnissen der Tiere während der Beförderung Rechnung zu tragen. Das Beschleunigungsgebot ist dabei Ausdruck der Erkenntnis, dass die Belastungen der Tiere mit zunehmender Transportdauer überproportional zunehmen. Art. 3 VO (EG) Nr. 1/2005 lässt sich somit der Grundsatz entnehmen, dass die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten bzw. der Transport ohne Verzögerungen durchzuführen ist (EuGH, Urt. v. 28.7.2016- C-469/14). Die von der Klägerin vorgelegte Transportplanung im vorliegenden Einzelfall erfüllten nicht die dargelegten Anforderungen an eine zufriedenstellende Transportplanung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 c) VO (EG) Nr. 1/2005, weil die in den ersten beiden Transportabschnitten geplanten, sich an die Fütterung und Tränkung der Tiere anschließenden Standzeiten des Lkws nicht durch Erfordernisse im Zusammenhang mit dem Transport selbst gerechtfertigt waren und deshalb gegen die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 verstoßen hätten. Der Transport würde durch diese weiteren Standzeiten erheblich verzögert und die Gesamtdauer des Transports dadurch nicht so kurz wie möglich gehalten. Anders als das Füttern und Tränken selbst wären die von der Klägerin beabsichtigten anschließenden mehrstündigen Standzeiten auch nicht durch Erfordernisse im Zusammenhang mit dem Transport selbst gerechtfertigt. Durch den Einsatz eines zweiten Fahrers würde dem Beschleunigungsgebot und dem Verzögerungsverbot und damit letztlich dem Gebot, unnötige Leiden der Tiere zu verhindern, in deutlich größerem Umfang Rechnung getragen werden, als bei der Durchführung des Transportes mit nur einem Fahrer. Wie eine Konformität der Transportplanung mit etwaigen Terminen an Kontrollstellen etc. hergestellt werde, sei letztlich Aufgabe der Klägerin und liege in ihrem unternehmerischen Risiko, dem die Belange des Tierwohls nicht unterzuordnen seien. Entscheidung Eine Transportplanung von langen Tierbeförderungen i.S.d. Art. 2 m) VO (EG) Nr. 1/2005, bei denen Rinder während eines Transportabschnitts im Anschluss an ein auf dem stehenden Transportmittel durchgeführtes Füttern und Tränken i.S.d. Nr. 1.4 d) des Anhangs I Kapitel V VO (EG) Nr. 1/2005 zusätzliche Stunden in dem stehenden Lkw verbleiben, ohne dass dies aus Gründen des Tierschutzes geboten ist, verstößt gegen die durch Art. 3 Satz 2 a) und f) VO (EG) Nr. 1/2005 normierten Grundsätze, die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten und den Transport zum Bestimmungsort ohne Verzögerung durchzuführen. Langstreckentiertransporte müssen so schnell wie möglich durchgeführt werden. Je länger der Transport dauert, desto größer ist die Belastung der Tiere. Dies ist immer zu vermeiden. Unterbrechungen, die nicht auf Tierschutzgründen beruhen (wie erforderliche Pausenzeiten für Fahrer) dürfen nicht planmäßig erfolgen. Wenn durch die Verwendung nur eines Fahrers Pausen (Ruhezeiten aus Gründen des Arbeitsschutzes) entstehen, die vermeidbar sind, müssen zwei Fahrer die Fahrt durchführen. Ruhepausen i.S.d. Nr. 1.4 d) des Anhangs I Kapitel V VO (EG) Nr. 1/2005 und Ruhezeiten i.S.d. Nr. 1.5 des Anhangs I Kapitel V VO (EG) Nr. 1/2005 sind zu unterscheiden. Eine auf dem Transportmittel absolvierte Ruhepause steht dabei in ihrer Funktion und Wirkung einer außerhalb des Transportmittels verbrachten Ruhezeit nicht gleich. Die Entscheidung und damit auch die der Vorinstanz (VG Osnabrück, Urteil vom 11.10.2022 - 6 A 223/21) ist rechtskräftig. Zurück zur Übersicht