Veranstaltungen

Fortbildungen

Die Tierschutzbeauftragte veranstaltet mehrmals im Jahr Fortbildungsveranstaltungen zu verschiedenen Themenbereichen. Hier können Sie die Vorträge der Referenten nachlesen.

Am 18. November 2021 fand in Hüttenberg bei Gießen fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der ersten und bis dato bundesweit einmaligen Veranstaltung zur „Hofnahen Schlachtung“ die Zweitauflage statt.

Sie wurde wieder seitens der Landestierschutzbeauftragten Hessen, Frau Dr. Martin, in Zusammenarbeit mit der Landestierschutzbeauftragten Baden-Württemberg Frau Dr. Julia Stubenbord organisiert und stieß erneut weit über die hessischen Grenzen hinaus auf großes Interesse.

Aufgrund der besonderen Umstände in 2021 und auch der enormen Nachfrage wurde sie als Hybridveranstaltung durchgeführt und live ins Internet übertragen.

Hofnahe Schlachtung – ob per Kugelschuss auf der Weide oder im Haltungsbetrieb selbst - ist jede Schlachtung, bei der das Tier nicht lebend zu einem Schlachthof transportiert wird.
Aus Gründen des Tierschutzes, der zunehmenden Verbrauchererwartung in Bezug auf Regionalität bei der Haltung, möglichst kurze Transportwege und schonende Schlachtung von Tieren aber auch hinsichtlich der verbesserten Fleischqualität spricht vieles dafür, diese Art der Schlachtung zu propagieren und zu fördern.

Gerade für Tierhalterinnen und Tierhalter (ob konventionell oder im ökologisch wirtschaftenden Betrieb), die ihre Rinder zwar nicht ganzjährig aber doch im Sommer extensiv und im Winter in Unterständen oder Ställen halten aber auch für Laufstalltiere bedeuten Verladung, Transport und vor allem auch (oft unterschätzt) die Abladung weit mehr als Stress und damit vermeidbare Leiden.

Dies betrifft aber natürlich auch alle anderen Nutztiere wie Geflügel und Schweine. Auch sie erleiden enormen Stress durch den Transport und die ungewohnte Umgebung sowohl auf dem LKW als auch im Schlachthof beispielsweise durch fremde Menschen, Lärm, unbekannte Gerüche oder auch andere, vorher noch nie gesehene Artgenossen aus anderen Betrieben.

Die Einführung in das Thema erfolgte durch Frau Dr. Veronika Ibrahim, Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Wiesbaden mit Ihrem Vortrag „Umsetzung der neuen EU-Regelung zur mobilen Schlachtung“. Danach beleuchteten die weiteren Referentinnen und Referenten das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln.

So berichteten u.a. die Vortragenden über eigene Praxiserfahrungen, kritische Punkte und auch über die von Ihnen jeweils entwickelten Verfahren zur „Hofnahen Schlachtung“ der verschiedenen Nutztierarten.

Auch bot sich auf dem Außengelände die Möglichkeit der Besichtigung von drei unterschiedlichen mobilen Schlachtstätten.

Die Anwesenden waren sich durchweg einig, dass das Thema „an Fahrt aufnimmt“ und auch dies nicht die letzte Veranstaltung zur dieser Angelegenheit sein sollte und dass die „Hofnahe Schlachtung“ tatsächliche die Möglichkeit bieten kann, die Wertschöpfung zurück in die Region zu holen und dabei auch regionale Metzger, Landwirte und auch lokale Erzeugergemeinschaften sowie auch Modellregionen zu stärken.

Der Titel dieser Veranstaltung lässt eigentlich nicht zuerst an Tierschutz denken. Und doch wurde sie von der Hessischen Landestierschutzbeauftragten Dr. Madeleine Martin initiiert.

Hierfür konnte sie Hendrik Haase gewinnen, der sich als Kommunikationsdesigner, Publizist, Netzwerker und Moderator dem Thema Essen und Lebensmittel verschrieben hat. Das interessierte Publikum setzte sich u.a. aus Vertretern hessischer Öko-Modellregionen und Gütesiegel, Mitgliedern bäuerlicher Arbeitsgemeinschaften, Direktvermarktern und Behördenvertretern zusammen.

Sehr schnell wurde klar, dass der Genuss von Fleisch und Fleischprodukten am Thema Tierschutz nicht vorbeikommt. In einer regelrechten Tour de force nahm Hendrik Haase seine Zuhörer mit in die Welt der Lebensmittel, die heute schon sehr stark digital geprägt ist und gab Ausblicke in die nahe Zukunft. Er zeigte auf, dass die Verbraucher von heute anders „ticken“ und dass sich Vermarktungsstrategien für Lebensmittel, insbesondere aber für Fleisch dem anpassen müssen. In seiner temporeichen Präsentation schlug er den Bogen von den Entwicklungsschritten der Smartphones als Beispiel für die rasant fortschreitende Digitalisierung über die Bewegung der „neuen Metzger“ bis hin zu Veggie days, Fridays for Future und dem Prinzip „From farm to fork“. Er zeigte anschaulich auf, dass gerade der Verzehr von Fleisch einem deutlichen Wandel unterliegt, weil sich die Ansprüche der modernen Verbrauchergeneration wandeln und er machte deutlich, wie wichtig aus seiner Sicht die richtige Kommunikation dabei ist.

Sein Appell: „Es hat keinen Sinn zu glauben, es läuft alles so weiter!“ traf eindeutig den Nerv seines Publikums.

Anschließend warf er mehrere Fragen als Grundlage der Diskussion für die Workshop-Phase auf:

Eine drehte sich um den ggf. neuen, zukunftsfähigen Qualitätsbegriff und wie dieser sein könnte sowie die Frage danach, welche Rolle das Land Hessen gegebenenfalls im Fleischmarkt der Zukunft einnehmen sollte und welche Potentiale es zu heben gelte.

Das Motto: „Wir haben keine Kunden, wir haben Fans!“ läutete dann den zweiten Teil der Veranstaltung ein.

Im Format eines World Cafés hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, in Gruppenarbeit mit Diskussionen die Themen intensiv zu bearbeiten und anschließend zu präsentieren.

Im Ergebnis wurden zahlreiche Ansätze entwickelt, Perspektiven erweitert und Kontakte geknüpft.

In ihrem Schlusswort zog Frau Dr. Martin ein positives Fazit und versprach, die Ergebnisse zusammenzufassen und den Teilnehmenden im Anschluss zur Verfügung zu stellen, damit diese sie für ihre Tätigkeit verwenden können.

Auch die Teilnehmenden zeigten sich sichtlich angetan, eine Folgeveranstaltung ist bereits in Planung.

Als Ausklang der Veranstaltung fasste Hendrik Haase folgende treffende Quintessenz der Veranstaltung: "Der Workshop hat gezeigt, wie viel Innovationspotential in Hessen steckt, das es schnellstens zu heben gilt.“

In diesem Sinne, heißt es für die Landestierschutzbeauftragte nun „am Ball bzw. am Thema bleiben und die im Workshop entstandenen zahlreichen Ideen und Projekte mit Vorbild-Charakter weiterverfolgen und möglichst zeitnah umsetzen.“

Die Veranstaltung findet großes Interesse bei Wissenschaftlern und Behördenvertretern aus ganz Hessen und wird vom Regierungspräsidium Gießen in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Veterinärmedizin und der Hessischen Landestierschutzbeauftragten organisiert.

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